Leitsatz
Gründet ein Einzelunternehmer mit einem Angehörigen eine GmbH und bringt er dabei sein Unternehmen zu Buchwerten in die GmbH ein, kann darin eine freigebige Zuwendung des GmbH-Geschäftsanteils an den Angehörigen liegen, deren Wert dem Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert des Geschäftsanteils nach der Einbringung des Unternehmens und der Stammeinlage des Angehörigen entspricht.
Sachverhalt
Sohn (S), Vater (V) und Mutter (M) gründeten 1993 eine GmbH mit bar zu leistenden Stammeinlagen von 24000 DM (S), 8000 DM (V) und 18000 DM (M). Am selben Tag vereinbarten S, V und M, das Stammkapital um eine von V zu übernehmende Stammeinlage von 10000 DM zu erhöhen. V leistete diese Stammeinlage durch Einbringung seines Einzelunternehmens zu Buchwerten. Soweit das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital die von V übernommene neue Stammeinlage überstieg, wurde es V als Darlehen gutgeschrieben. Das Finanzamt nahm eine Schenkung des V an S in Höhe der Differenz zwischen dem Nominalwert der Anteile und dem nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelten gemeinen Wert der Anteile nach der Einbringung an.
Entscheidung
Der Vertrag über die Errichtung der GmbH und die Vereinbarung über die Kapitalerhöhung und die Einbringung des Einzelunternehmens in die GmbH zu Buchwerten bilden ein einheitliches Rechtsgeschäft, da sie an ein und demselben Tag getroffen wurden und bloße Teilakte eines einzigen, lediglich formal in getrennte Vereinbarungen aufgespaltenen Vorgangs darstellen, der auf die freigebige Zuwendung des Geschäftsanteils an den Kläger gerichtet war. Einer Schenkung der Geschäftsanteile durch V steht nicht entgegen, dass S die Anteile originär erworben hat. Der BFH hat dies für den originären Erwerb eines neuen Geschäftsanteils durch einen Dritten im Zuge einer Kapitalerhöhung bereits entschieden. Für den Erwerb von Geschäftsanteilen bei Gründung einer GmbH gilt nichts anderes.
S ist auch, wie es § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG voraussetzt, auf Kosten des V bereichert. V hat aufgrund der Vereinbarungen sein Einzelunternehmen zu Buchwerten in die GmbH eingebracht, ohne dass er dafür durch den Wert seiner Geschäftsanteile und das vereinbarte Darlehen eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat. V handelte auch mit dem Bewusstsein der Unentgeltlichkeit. Ihm war bekannt, dass die Geschäftsanteile des S und der M nach der Einbringung des Unternehmens in die GmbH zu Buchwerten einen weit über dessen Stammeinlage hinausgehenden Wert haben würden.
Praxishinweis
Der originäre Erwerb bereits werterhöhter Anteile im Streitfall ist zu unterscheiden von disquotalen Einlagen eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft, die zu einer (bloßen) Erhöhung des Werts bereits bestehender Gesellschaftsanteile anderer Gesellschafter führen. Während der BFH in der bloßen Werterhöhung ohne Anteilserwerb aus Gründen des Zivilrechts keinen schenkungsteuerbaren Vorgang sieht, nimmt die Finanzverwaltung dann eine steuerpflichtige Schenkung an.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 12.7.2005, II R 8/04