Der Steuerpflichtige hat kein Wahlrecht: AfA müssen unabhängig davon vorgenommen werden, ob das Gebäude vorübergehend nicht ge- oder benutzt wird.
Wurden AfA willkürlich unterlassen, dürfen sie steuerlich nicht nachgeholt werden. Dabei ist Willkürlichkeit dann gegeben, wenn der Steuerpflichtige bewusst gebotene Abschreibungen auf spätere Jahre verlagert, um dadurch für die Gesamtheit der Steuerabschnitte unberechtigt zu einer beachtlichen Steuerersparnis zu kommen (BFH, Urteil v. 3.7.1956, BStBl. 1956 III S. 350).
Ansonsten wird die Nachholung unterlassener AfA von der Rechtsprechung (BFH, Urteile v. 29.10.1991, VIII R 51/84, BStBl. 1992 II S. 512, 516 und v. 15.12.1993, X R 102/92, BFH/NV 1994 S. 543) und der Verwaltung (R 7.4 Abs. 10 EStR; H 4.4 "Bilanzberichtigung" EStH; H 7.4 "Unterlassene oder überhöhte AfA" EStH) akzeptiert.
Die grundsätzliche Möglichkeit der Nachholung unterlassener AfA gilt wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowohl bei den Gewinneinkunftsarten – unabhängig davon, ob es sich um bilanzierende Steuerpflichtige oder um eine Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung handelt – als auch bei den Überschusseinkunftsarten (BFH, Urteil v. 22.6.2010, VIII R 3/08, BStBl. 2010 II S. 1035, Rn. 20 bis 22, m. w. N.). Allerdings bestehen Einschränkungen (BFH, Urteil v. 22.6.2010, a. a. O.): Jedenfalls darf keine AfA nachgeholt werden für die Zeiten der Nichterfassung von notwendigem Betriebsvermögen.
Die Korrektur erfolgt nicht etwa in der Art und Weise, dass beispielsweise die gesamte bisher unterlassene AfA in einem Betrag nachgeholt werden dürfte. Vielmehr ist nach den einzelnen AfA-Arten zu unterscheiden:
- Wurde AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG überhöht vorgenommen oder unterlassen, ist ab dem Zeitpunkt der Feststellung eines überhöhten oder zu niedrigen Restbuchwerts auf die neu zu schätzende Restnutzungsdauer zu verteilen (BFH, Urteil v. 16.10.2008, IV R 1/06, BStBl. 2010 S. 28, Ziff. II 5 a der Entscheidungsgründe[1]).
- Wurde AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG überhöht vorgenommen oder unterlassen und hat sich die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes nicht geändert, sind weiterhin die gesetzlich vorgeschriebenen Prozentsätze auf die "richtige Bemessungsgrundlage", also die ursprünglichen zuzüglich ggf. nachträgliche Anschaffungs-/Herstellungskosten, anzusetzen, sodass sich ein anderer Abschreibungszeitraum ergibt (BFH, Urteile v. 3.7.1984, IX R 45/84, BStBl. 1984 II S. 709, v. 20.1.1987, IX R 103/83, BStBl. 1987 II S. 491 und v. 11.12.1987, III R 286/83, BStBl. 1988 II S. 335). Das gilt insbesondere, wenn anfangs fälschlicherweise überhöht nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 EStG mit 3 % abgeschrieben wurde und erst später entdeckt wird, dass an sich nur AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 lit. a EStG (2 %) zu gewähren gewesen wäre (BFH, Urteil v. 21.11.2013, IX R 12/13, BStBl. 2014 II S. 563) – dadurch verkürzt sich dann faktisch der Abschreibungszeitraum.
- Wurde AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zu gering vorgenommen, sind ebenfalls weiterhin die gesetzlich vorgeschriebenen Prozentsätze auf die "richtige Bemessungsgrundlage", also die ursprünglichen zuzüglich ggf. nachträgliche Anschaffungs-/Herstellungskosten, anzusetzen, sodass sich ein längerer Abschreibungszeitraum ergeben kann (Kulosa in Schmidt 2014, § 7 Rn. 8). Der so nach Ablauf des Zeitraums nach § 7 Abs. 5 EStG noch nicht abgeschriebene Betrag wird, wie bei den nachträglichen Anschaffungs-/Herstellungskosten dargestellt, nach § 7 Abs. 4 EStG vollends abgeschrieben (BFH, Urteil v. 20.1.1987, IX R 103/83, BStBl. 1987 II S. 491; siehe Kapitel 8.4.5).
- Wurde AfA nach § 7 Abs. 5 EStG überhöht vorgenommen, sind ebenfalls weiterhin die gesetzlich vorgeschriebenen Prozentsätze auf die "richtige Bemessungsgrundlage", also die ursprünglichen zuzüglich ggf. nachträgliche Anschaffungs-/Herstellungskosten, anzusetzen (BFH, Urteil v. 4.5.1993, VIII R 14/90, BStBl. 1993 II S. 661; H 7.4 "Unterlassene oder überhöhte AfA" EStH), sodass sich ein kürzerer Abschreibungszeitraum ergeben kann.
Hätte das Grundstück mit Gebäude jedoch von Anfang an als notwendiges Betriebsvermögen in der Bilanz aktiviert werden müssen und wird dies – weil ursprünglich fälschlicherweise unterblieben – erst zu einem späteren Zeitpunkt durch eine fehlerberichtigende Einbuchung nachgeholt, darf die Erfassung nur zu dem Wert erfolgen, zu dem das nicht bilanzierte Wirtschaftsgut bei von Anfang an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde. Demzufolge darf die "versäumte" AfA in diesem Fall nicht nachgeholt werden. Aufgrund des Prinzips der Gesamtgewinngleichheit gilt dies auch bei Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG (BFH, Urteil v. 22.6.2010, VIII R 3/08, BStBl. 2010 II S. 1035).
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