§ 11 Abs. 1 Satz 2 EStG legt eine Ausnahme vom Zuflussprinzip (zur Ausnahme vom Abflussprinzip vgl. weiter unten im Kapitel) fest: Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, müssen im Kalenderjahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit erfasst werden. Nach dem BFH[1] will die Vorschrift "Zufallsergebnisse" vermeiden, die bei strikter Anwendung des Zu- und Abflussprinzips dazu führen könnten, dass eine Einnahme in einem bestimmten Veranlagungszeitraum einmal erfasst und einmal nicht erfasst würde.

Gehört die Leistung wirtschaftlich nur teilweise in das Zahlungsjahr, teilweise aber auch in das Jahr davor oder danach (z. B. Fälligkeit der Miete für Dezember 01 und Januar 02 gemeinsam am 3.1.02), werden in der Literatur unterschiedliche Ansichten vertreten:

  • Gewichtung nach der überwiegenden Verursachung: Wie das obige Beispiel zeigt, stößt dies bei genau gleicher Gewichtung allerdings auf Schwierigkeiten;
  • oder Aufteilung: Der Teil, für den das Jahr der Leistung und das Jahr der Zahlung auseinanderfallen, soll dann wohl unter § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG fallen;
  • oder uneingeschränkte Anwendung des Zuflussprinzips (bzw. Abflussprinzips).[2]

Eine Klärung für die Praxis seitens der Rechtsprechung steht noch aus.

Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen

Gemeint sind täglich, wöchentlich, monatlich oder jährlich wiederkehrende Einnahmen.

Daraus, dass die Vorschrift nur solche Zahlungen erfasst, die wirtschaftlich zu einem bestimmten Jahr gehören, wird geschlossen, dass die Ausnahmeregelung bei Zahlungsperioden (Zeitabständen) von mehr als einem Jahr nicht anwendbar ist.[3]

Das Kriterium "regelmäßig wiederkehrend" ist erfüllt, wenn aufgrund eines bestehenden Rechtsverhältnisses ein Anspruch auf wiederkehrende Einnahmen besteht,[4] also bei Dauerschuldverhältnissen. Charakteristisch für diese Leistungen ist, dass der Anspruch des Zahlungsempfängers von vornherein und seiner Natur nach auf Zahlungen gerichtet ist, die nicht einmal, sondern in regelmäßiger Wiederkehr zu erbringen sind.[5] Deshalb fallen beispielsweise Ratenzahlungen in Erfüllung einer einmaligen Leistungspflicht nicht unter die Ausnahmeregelung.[6]

Zwar ist bereits eine zweimalige Leistung "wiederkehrend", aber eine "Regelmäßigkeit" lässt sich richtigerweise erst ab drei Leistungshandlungen – und damit zwei Zeitabständen – feststellen.[7] Regelmäßig wiederkehrend sind Leistungen dann, wenn sie nach bestimmten Zeitabschnitten und in bestimmten Zeitabständen anfallen,[8] also zu zahlen sind.[9] Insoweit kommt es darauf an, dass aufgrund eines bestehenden Rechtsverhältnisses nach bestimmten Zeitabschnitten und in bestimmten Zeitabständen Zahlungen fällig werden. Ist eine Fälligkeit im Vertragsverhältnis nicht ausdrücklich bestimmt, soll nach BFH[10] auch eine "gewachsene Übung", nach der mit dem Eintritt der Fälligkeit jeweils innerhalb weniger Tage nach bestimmten Zeitabständen (z. B. jeweils eines Monats) zu rechnen ist, als "festgelegte Regelung für den Zeitpunkt der Zahlungen" ausreichen.

Da die Leistung nur ihrer Art nach wiederkehrend sein muss, bleibt auch die erste Teilleistung wiederkehrend, selbst wenn weitere Zahlungen ausbleiben und/oder das Rechtsverhältnis anschließend beendet wird, z. B. wegen der Zahlungsunfähigkeit des Mieters.

Beispiele für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen sind Mieten, Pachten, Zinsen, Renten usw. (zu Umsatzsteuererstattungen und -vergütungen vgl. unten). Zwar gehören an sich auch Löhne und Gehälter dazu, hierfür gibt es aber eine Sonderregelung in § 11 Abs. 1 Satz 4 EStG. Bei Nebenkostenvorauszahlungen dürften nur die monatlichen Vorauszahlungen als solche als regelmäßig wiederkehrend anzusehen sein, nicht hingegen die (evtl. Rück-)Zahlung aufgrund der jährlichen Abrechnung; denn § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB schreibt nur vor, dass die Abrechnung über die Betriebskosten dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des 12. Monats nach dem Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen, d. h. bekannt zu geben, ist, und die Nachzahlung wird mit der ordnungsgemäßen Abrechnung fällig[11], damit also nicht zu einem im Voraus vereinbarten, regelmäßigen Termin.

Nachdem das Wort "regelmäßig" direkt vor dem Wort "wiederkehrend" steht, ist nur eine zeitliche Abfolge angesprochen. Daher kommt es nicht darauf an, ob die Beträge auch gleichmäßig hoch sind.[12] Wurde also beispielsweise eine (naturgemäß in der Höhe schwankende) Umsatzpacht vereinbart, steht dies einer regelmäßig wiederkehrenden Einnahme nicht entgegen.

Zufluss kurze Zeit nach Ende bzw. vor Beginn des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit

Als "kurze Zeit" gilt ein Zeitraum bis zu 10 Tagen[13], d. h.

  • bei Zufluss vor dem Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit der Zeitraum vom 22.12. bis 31.12. des Vorjahres und
  • bei Zufluss nach dem Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit der Zeitraum vom 1.1. bis zum 10.1. des Folgejahres.

Eine Verlängerung dieses Zehntageze...

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