Leitsatz

  1. Erzielt das Kind durch sein regelmäßiges Ausbildungsverhältnis keine Einkünfte, sind seine Aufwendungen für die vorübergehende, von seiner Wohnung und seiner regelmäßigen Ausbildungsstätte entfernte Ausbildung nicht nach Reisekostengrundsätzen bei der Ermittlung seiner Einkünfte und Bezüge zu berücksichtigen.
  2. Miet- und Verpflegungsmehraufwendungen für die auswärtige Unterbringung des Kindes in Ausbildung sind bereits durch den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG abgegolten.
 

Sachverhalt

S studierte bis zum Diplom im Jahr 2007 Informatik. Im Jahr 2005 absolvierte er ein Praktikum in den USA. Das Unternehmen zahlte S monatlich 1.400 $; daneben konnte S zwischen weiteren 300 $ und einem Mietwagen wählen. In den USA mietete S ein möbliertes Zimmer, die Wohnung am Studienort gab er auf. Sein Lebensmittelpunkt befand sich nun im Elternhaus. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung wegen Einkünften und Bezügen von mehr als 7.680 EUR auf. Das FG ließ den Abzug von Verpflegungs- und Unterkunftskosten zu, weil die Ausbildung weder am regelmäßigen Studienort noch am Wohnort der Eltern fortgesetzt worden war.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Klage ab; ob die Mietwagengestellung als Barlohn oder Sachbezug einzustufen war, ließ er offen.

 

Kommentar

Praxishinweis

Bei der Grenzbetragsprüfung sind die Einkünfte und Bezüge zu ermitteln und um ausbildungsbedingten Mehraufwand zu kürzen. Wird ein Auslandspraktikum vergütet, liegen unabhängig von der deutschen Besteuerung stets Einkünfte oder Bezüge vor. Als Werbungs- oder Ausbildungskosten können dann u.a. Aufwendungen für die Reise ins Ausland, für Fahrten zwischen der dortigen Wohnung und der Ausbildungs- oder Arbeitsstätte, für das Visum, für Telefonate und Sprachtests abgezogen werden. Wohnungs- und Verpflegungsmehraufwand sind nur dann abzugsfähig, wenn die Wohnung am deutschen Studienort beibehalten wird.

Den Abzug dieser Aufwendungen nach Reisekostengrundsätzen hat der BFH abgelehnt, weil die für das Praktikum unterbrochene Ausbildung an der deutschen Universität keiner Einkunftsart zuzurechnen sei. Ob hieran nach der Rechtsprechung des VI. Senats zum Abzug von Werbungskosten für ein Erststudium festzuhalten ist, ist fraglich.

Aufwendungen für Wohnung und Verpflegung am ausländischen Praktikumsort sind auch nicht als ausbildungsbedingter Mehraufwand anzusetzen, weil der Jahresgrenzbetrag den erhöhten Lebensbedarf eines auswärts untergebrachten Kindes in Ausbildung bereits berücksichtigt. Dem steht nicht entgegen, dass das Kind selbst derartige Aufwendungen bei seiner Veranlagung als Sonderausgaben abziehen kann. Bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge im Hinblick auf den Jahresgrenzbetrag sind nicht sämtliche Sonderausgaben abzugsfähig, sondern nur Sozialversicherungsbeiträge und vergleichbare Aufwendungen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 09.06.2011, III R 28/09.

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