Leitsatz

  1. Bei einer langfristigen Vermietung ist grundsätzlich von dem Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen, solange der Mietzins nicht weniger als 75 % der ortsüblichen Marktmiete beträgt (Abweichung von den BFH-Urteilen vom 15.12.1992, IX R 13/90, BStBl II 1993, S. 490 = INF 1993, S. 332 und vom 27.7.1999, IX R 64/96, BStBl II 1999, S. 826 = INF 2000, S. 62).
  2. Beträgt der Mietzins 50 % und mehr, jedoch weniger als 75 % der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer Überschussprognose zu prüfen. Ist die Überschussprognose positiv, sind die mit der verbilligten Vermietung zusammenhängenden Werbungskosten in voller Höhe abziehbar. Ist die Überschussprognose negativ, ist die Vermietungstätigkeit in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen; die anteilig auf den entgeltlichen Teil entfallenden Werbungskosten sind abziehbar.
  3. Beträgt der Mietzins weniger als 50 % der ortsüblichen Marktmiete, sind die mit der Vermietungstätigkeit zusammenhängenden Werbungskosten gemäß § 21 Abs. 2 EStG insoweit abziehbar, als sie anteilig auf den entgeltlichen Teil der Vermietung entfallen.
 

Sachverhalt

Der Kläger errichtete 1993 ein fremd finanziertes Wohnhaus mit einer Wohnfläche von 187,54 qm für insgesamt 852 370 DM. Er vermietete das Haus Ende 1993 für eine Kaltmiete von 1 000 DM unbefristet an seine Schwester. Die vereinbarte Miete von 5,08 DM pro qm sollte später auf das ortsübliche Maß von 8,37 DM bis 10,13 DM pro qm steigen. Das Finanzamt erkannte 1995 die geltend gemachten Verluste von 100 432 DM anders als in den Vorjahren nicht mehr an. Es war der Auffassung, der Kläger könne keinen Totalüberschuss aus der Vermietung des Hauses erzielen. Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg[1].

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil auf, weil das FG die verbilligte Miete nicht zum Anlass genommen hat, die Einkünfteerzielungsabsicht zu überprüfen.

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, wer unbewegliches Vermögen entgeltlich überlässt. Dementsprechend verwirklicht diesen Tatbestand nicht, wer eine Wohnung unentgeltlich überlässt. Er kann dann keine Werbungskosten abziehen.

Wer eine Wohnung verbilligt überlässt, verzichtet auf mögliche Einnahmen und kann die tatsächlichen Aufwendungen nur in dem Verhältnis als Werbungskosten abziehen, in dem die vereinbarte zur ortsüblichen Miete steht. Dies folgt aus dem aus dem Nettoprinzip abgeleiteten Aufteilungsgebot bei teilentgeltlicher Nutzungsüberlassung. Dem entspricht § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG 1995 (§ 21 Abs. 2 EStG), wonach die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen ist, wenn die vereinbarte Miete unter 50 % der ortsüblichen Marktmiete liegt. Dann sind Werbungskosten nur entsprechend dem Anteil der entgeltlichen Nutzung abziehbar. Diesem Prinzip entspricht aber nicht das in der Vorschrift enthaltene Aufteilungsverbot. Daraus folgt, dass bei Mieten von mindestens 50 % der Marktmiete keine Kürzung der Werbungskosten vorzunehmen ist. Damit behandelt das Gesetz solche Nutzungsüberlassungen wie voll entgeltliche, so dass die vollen Werbungskosten abziehbar sind. Es handelt sich dabei um eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende gesetzliche Typisierung im Interesse der Steuervereinfachung.

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt nur, wer beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG steht einer Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht entgegen; denn diese Absicht ist Voraussetzung für die Verwirklichung des Steuertatbestandes.

Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietung grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften; die Einkünfteerzielungsabsicht kann insoweit nur ausnahmsweise verneint werden.

Dies gilt auch bei einer teilentgeltlichen Vermietung, die entsprechend dem Aufteilungsgrundsatz in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen ist, und zwar für den entgeltlichen Teil. Denn dieser Teil des Nutzungsentgelts entspricht der ortsüblichen Marktmiete. Liegen keine besonderen Umstände vor, die gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechen, so ist für den entgeltlichen Teil der Vermietung von der Einnahmeüberschusserzielungsabsicht auszugehen. Der unentgeltliche Teil ist einkommensteuerrechtlich nicht bedeutsam. Das bedeutet: Auch bei einer verbilligten Überlassung, die in einen unentgeltlichen und in einen entgeltlichen Teil aufzuteilen ist, ist die Einkünfteerzielungsabsicht nur in Ausnahmefällen zu prüfen. Bei einer Aufteilung ist der Umstand, dass die Wohnung zu einem erheblich unter der Marktmiete liegenden Preis vermietet wird, kein Indiz für das Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht.

Anders verhält es sich, wenn es nach § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG zu keiner Aufteilung der Nutzungsüberlassung kommt. Dann k...

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