Leitsatz
Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben. Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten nur, wenn besondere Umstände gegen das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht sprechen.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige erwarb 1980 eine unter Denkmalschutz stehende Mühle. Er baute sie zu einer Wohnung aus, die er vermietete. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten von 410000 DM wurden ebenso wie die Erhaltungsaufwendungen fremdfinanziert. Im Jahr 1990 schuldete er in der Weise um, dass die Darlehen über 680000 DM in den Jahren 2006 und 2018 durch die Auszahlung von Lebensversicherungen getilgt werden sollen. Der Steuerpflichtige erzielte aus der Vermietungstätigkeit, teilweise auch bedingt durch die Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen nach § 82i EStDV, ausschhließlich Werbungskostenüberschüsse. Im Jahr 1993 erkannte das Finanzamt negative Einkünfte in Höhe von 52905 DM mangels Überschusserzielungsabsicht nicht mehr an.
Der BFH hat entschieden, dass die Werbungskostenüberschüsse steuerlich zu berücksichtigen sind und die gewählte Finanzierungsart keinen besonderen Umstand darstellt, der zur Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht führt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob er mit seiner auf Dauer angelegten Fremdvermietung tatsächlich einen Totalüberschuss erzielen konnte. Denn zu einer dies überprüfenden Prognose kommt es nicht. Es ist für die in § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG angelegte typisierende Annahme der Einkünfteerzielungsabsicht gerade kennzeichnend, auf den typischen statt auf den verwirklichten Geschehensablauf abzustellen.
Die Gebäudefinanzierung unter Einsatz von Lebensversicherungen ist eine marktgerechte Finanzierungsart und wird vom Gesetzgeber zur langfristigen Finanzierung akzeptiert. Als Umstand, der als Beweis des ersten Anscheins oder als Beweisanzeichen gegen das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht spricht, eignet sich das Finanzierungskonzept auch deshalb nicht, weil die durch die Refinanzierung von Zinsen bedingten hohen Schuldzinsen am Anfang des Engagements kompensiert werden durch positive Ergebnisse nach der Ablösung des Darlehens.
Gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechen auch nicht die besonderen räumlichen Gegebenheiten der Wohnung. Zwar handelt es sich bei der Mühle um ein typisches Liebhaberobjekt, das der Steuerpflichtige auch wegen seiner spezifischen Eigenart erwarb. Allein deshalb ist es aber nicht in einer Weise besonders gestaltet, die es ausschließt, dass sich sein Gebrauchswert in der ortsüblichen Marktmiete widerspiegelt. Beurteilte man die historische Bausubstanz eines Gebäudes als Umstand, der gegen die Einkunftserzielungsabsicht spräche, verfehlte das Ziel des Gesetzgebers, das den Erwerb und die Nutzung eines Baudenkmals besonders fördert und steuerrechtlich begünstigt.
Hinweis
Gegen die Einkünfteerzielungsabsicht kann sprechen, wenn bei einer Finanzierung über Lebensversicherungen mit der Ablösung der Darlehen ein Rechtsträgerwechsel verbunden ist, der es verhindert, dass es in der Person des Vermieters zu der geschilderten Kompensationswirkung kommt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 19.4.2005, IX R 10/04.