Leitsatz

  1. Ein im Privatvermögen entdecktes Kiesvorkommen ist bei Zuführung zum Betriebsvermögen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG mit dem Teilwert anzusetzen.
  2. Bei dem Abbau des Kiesvorkommens dürfen Absetzungen für Substanzverringerung nicht vorgenommen werden.
 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige hatte 1977 in vorweggenommener Erbfolge ein Kiesgrundstück erworben, das sich in seinem Privatvermögen befand. 1978 beantragte er eine Erlaubnis zur Kiesentnahme und legte 1979 das Kiesvorkommen mit einem Teilwert von 420.000 DM sowie den Grund und Boden mit einem Teilwert von 30.000 DM in seinen neu eröffneten Betrieb ein. Für 1980 nahm er aufwandswirksam Absetzungen für Substanzverringerungen (AfS) in Höhe von 28.000 DM von dem Bodenschatz vor, die das Finanzamt nicht anerkannte. Das Finanzgericht gab dagegen der Klage statt. Der zuständige III. Senat des BFH vertrat – wie das Finanzgericht – die Auffassung, AfS seien zulässig, und beabsichtigte, die Revision des Finanzamts zurückzuweisen. Da der I. und der VIII. Senat des BFH jedoch die Meinung vertraten, ein im Privatvermögen entdeckter Bodenschatz könne nicht mit dem Teilwert eingelegt und hiervon AfS geltend gemacht werden, legte der III. Senat die Frage dem Großen Senat (GrS) des BFH zur Entscheidung vor (Vorlagebeschluss v. 16.12.2004, III R 8/98, BStBl 2005 II S. 278).

 

Entscheidung

Der GrS geht davon aus, dass steuerrechtlich der Grund und Boden einerseits und das Kiesvorkommen andererseits zwei selbstständige Wirtschaftsgüter sind. Als selbstständiges Wirtschaftsgut entsteht der Bodenschatz, wenn mit seiner Aufschließung (z. B. durch einen Genehmigungsantrag) oder Verwertung (z. B. durch Veräußerung) begonnen wird.

Die Substanz des Bodenschatzes als Teil des Eigentumsrechts am Grundstück entsteht als materielles Wirtschaftsgut. Dieses im eigenen Grund und Boden entstandene und damit originär und unentgeltlich erworbene materielle Wirtschaftsgut "Kiesvorkommen" ist mit dem Teilwert im Zeitpunkt der Zuführung in das Betriebsvermögen einzulegen (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG).

Beim Abbau des Kiesvorkommens dürfen allerdings keine aufwandswirksamen AfS vorgenommen werden. Der GrS sieht den Fall partiell vergleichbar mit der Einlage einer Nutzung oder eines Nutzungsrechts, deren Ertrag ebenfalls nicht durch Abschreibungen steuerlich gemindert werden kann (BFH, Beschluss v. 26.10.1987, GrS 2/86, BStBl 1988 II S. 348). Der Teilwert des Bodenschatzes verkörpert den Abbauertrag, der nach der Systematik des Gesetzes stets besteuert werden soll und daher nicht durch AfS der Besteuerung entzogen werden kann.

 

Hinweis

Um zu verhindern, dass die Besteuerung der Abbauerträge unterbleibt, sind diese somit stets ohne entsprechende Absetzungen und damit "brutto" zu besteuern:

  • Wird das Kiesvorkommen im Privatvermögen entdeckt, wird der Abbau durch Verpachtung "brutto" ohne Absetzungen besteuert (Absetzungsverbot, § 11d EStDV).
  • Bei einer Entdeckung im Betriebsvermögen ist die Besteuerung mangels auf die Substanz entfallender Anschaffungskosten und damit Fehlens einer AfS-Bemessungsgrundlage ebenfalls "brutto" vorzunehmen.
  • Auch in Fällen wie dem Streitfall können daher allein durch die Überführung des Bodenschatzes aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen keine Absetzungen begründet werden.

Ebenso wie bei der Einlage von Nutzungsrechten die Nutzung zu besteuern ist, bleibt somit auch bei der Einlage eines Bodenschatzes der Abbau steuerbar. Da sich das Vorkommen durch den Abbau jedoch tatsächlich in seiner Substanz verbraucht, ist der mit dem ursprünglichen Teilwert angesetzte Bodenschatz durch entsprechende Absetzungen zu vermindern, die sich allerdings nicht steuerlich auswirken dürfen und daher dem Gewinn wieder zuzurechnen sind. Dementsprechend ist bei einer Veräußerung des noch nicht (vollständig) abgebauten Bodenschatzes aus dem Betriebsvermögen heraus der verbliebene Buchwert dem Veräußerungserlös gegen zu rechnen. Durch Bildung eines aktiven Ausgleichspostens kann sichergestellt werden, dass die AfS nicht aufwandswirksam erfasst werden. Bei einer Veräußerung mindert der verbliebene Buchwert den Veräußerungsgewinn und der Ausgleichsposten ist gewinnneutral auszubuchen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss v. 4.12.2006, GrS 1/05.

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