Leitsatz (amtlich)
Legt ein Steuerpflichtiger den beim Ausscheiden aus einem Dienstverhältnis von seinem früheren Arbeitgeber zu einem verbilligten Kaufpreis erworbenen Pkw in einen neu eröffneten eigenen Betrieb ein, so ist zu prüfen, ob neben dem vereinbarten Kaufpreis zusätzlicher Anschaffungsaufwand zu aktivieren ist. Das ist der Fall, wenn der Steuerpflichtige im Hinblick auf die Verbilligung auf mögliche andere Ansprüche aus dem Dienstverhältnis verzichtet hat.
Sachverhalt
Der Kläger war bis 30.6.1990 Mitglied des Vorstands der X-AG. Als Entschädigung für die vorzeitige Auflösung des Anstellungsvertrages erhielt er eine Abfindung von 165 000 DM. Zum Beendigungszeitpunkt erwarb der Kläger von der AG auch den von ihm bisher genutzten Mercedes 300. Als Kaufpreis wurde der Buchwert zum Beendigungszeitpunkt festgelegt (7 716 DM zuzüglich 1 080 DM USt). Den Pkw setzte der Kläger für seine am 1.7.1990 begonnene Tätigkeit als selbständiger Techniker ein. In der Einnahmen-Überschussrechnung 1990 setzte er für den Pkw Anschaffungskosten von 7 716 DM an. Am 25.7.1991 verkaufte er den Pkw für 15 000 DM. In der Überschussrechnung für das Streitjahr 1991 erhöhte er die Anschaffungskosten für den Pkw um 28380 DM. Den Abgang des Pkw erfasste er mit dem Restbuchwert von 31 917 DM als Betriebsausgabe. Das Finanzamt erhöhte die Einkünfte aus selbständiger Arbeit für 1991 um 28 380 DM. In dieser Höhe hatte das Finanzamt nach einer LSt-Außenprüfung für 1990 den Zu-fluss eines geldwerten Vorteils bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit angenommen, weil der Wert des Pkw den mit dem früheren Dienstherrn vereinbarten Kaufpreis um diesen Betrag überstiegen habe. Die Klage blieb erfolglos. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Entscheidungsgründe
Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, in welcher Höhe nach § 4 Abs. 3 Sätze 3 und 4 EStG Anschaffungskosten vom Veräußerungserlös des Pkw abzuziehen waren. Die Höhe der dem Kläger entstandenen Anschaffungskosten lässt sich den vom FG getroffenen Feststellungen nicht sicher entnehmen.
Es kann dahinstehen, ob der Kläger den Pkw unmittelbar zu seinem Betriebsvermögen erworben hat oder ob der Pkw zunächst Privatvermögen geworden und anschließend im Rahmen der Betriebseröffnung bzw. im Anschluss daran durch Einlage in das Betriebsvermögen überführt worden ist. Die anzusetzenden Anschaffungskosten unterscheiden sich bei diesen Fallvarianten nicht. Da die Überführung aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen jedenfalls unmittelbar nach dem Erwerb des Pkw im Privatvermögen stattgefunden hätte, wäre dieser Vorgang auch nicht mit dem Teilwert, sondern nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 2 Buchst. a EStG mit den tatsächlichen Anschaffungskosten im Privatvermögen zu bewerten gewesen. Der Erwerb im Privatvermögen wäre als Anschaffung zu beurteilen, weil er nicht unentgeltlich, sondern zumindest in Höhe des vereinbarten und gezahlten Kaufpreises entgeltlich gewesen wäre. Eine Kürzung um Abschreibungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 EStG käme schon wegen des unbedeutenden Zeitabstands nicht in Betracht.
Es ist aber nicht auszuschließen, dass der Kläger mehr als den vereinbarten und gezahlten Kaufpreis für den Erwerb des Pkw aufgewendet hat. Von höheren Aufwendungen wäre auszugehen, wenn der Kläger als Gegenleistung für den Erwerb auf die Zahlung einer höheren Abfindung für die vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses "verzichtet" hätte. Der Vorgang wäre dann insoweit als Aufrechnung der Abfindung mit einer Kaufpreisforderung durch die AG zu beurteilen, was in Höhe des erloschenen Abfindungsanspruchs Aufwand des Klägers für den Erwerb des Pkw bedeuten würde.
Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich andererseits die Existenz von Aufwendungen in Höhe des Verkehrswerts des Pkw nicht bereits daraus, dass die Differenz zum Kaufpreis als Arbeitslohn anzusehen ist. Der Senat kann offen lassen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Voraussetzungen für Arbeitslohn in Form eines geldwerten Vorteils erfüllt sind. Denn aus dem Umstand, dass mit der verbilligten Überlassung eines Wirtschaftsgutes ein geldwerter Vorteil zufließt, ergibt sich nicht, dass in dieser Höhe auch Aufwendungen für die Anschaffung des Wirtschaftsgutes vorliegen.
Aufwendungen des Steuerpflichtigen setzen eine Vermögensbelastung voraus, die bei einem Sachbezug nicht vorliegt, soweit die Sachleistung nicht auf vermögenswerte andere Ansprüche des Leistungsempfängers angerechnet wird. Das FG wird im zweiten Rechtsgang Feststellungen dazu treffen müssen, ob die Differenz zwischen Kaufpreis und Verkehrswert des Pkw bei den Verhandlungen über die Abfindungsvereinbarung berücksichtigt worden ist und ob die Barabfindung ohne die Überlassung des Pkw zum Buchwert höher ausgefallen wäre.
Link zur Entscheidung
BFH vom 9.11.2000 - IV R 45/99