Leitsatz
Räumen Kinder, denen ein Elternteil Vermögen übertragen hat, in derselben Urkunde beiden Eltern als Gesamtgläubigern ein Rentenstammrecht ein, liegt dem nur insoweit eine freigebige Zuwendung des übertragenden Elternteils an den anderen zugrunde, als der andere Elternteil über die eingehenden Zahlungen im Innenverhältnis rechtlich und tatsächlich endgültig frei verfügen kann.
Sachverhalt
M und F sind Eheleute. Mit notariellem Vertrag vom 9.1.2001 übertrug M den Söhnen seine Gesellschaftsanteile an einer GmbH. Die Söhne verpflichteten sich, an ihre Eltern als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB eine lebenslängliche Versorgungsrente bis zum Tod des Längstlebenden zu zahlen. In der Folgezeit zahlten die Söhne die Rente auf ein Konto des M, für das die F Vollmacht hatte.
Das Finanzamt nahm einen steuerbaren Erwerb der F aus dem Vertrag an und setzte ihr gegenüber Schenkungsteuer fest. Dabei berechnete es den steuerpflichtigen Erwerb nach dem halben Kapitalwert der Rente, die zu Lebzeiten beider Ehegatten zu zahlen war, und dem Kapitalwert der Rente, die die F nach dem Tode des M beziehen sollte. Gegen die Festsetzung der Schenkungsteuer legte F Einspruch ein. Beide Ehegatten seien bei Abschluss des Vertrags davon ausgegangen, dass der Rentenanspruch im Innenverhältnis ausschließlich M zustehen solle, da die Übertragung des Vermögens des M Grund für die Rentenvereinbarung gewesen sei.
Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Gegenstand einer derartigen Zuwendung kann auch ein Rentenstammrecht sein. Dies braucht nicht vom Rentenverpflichteten selbst zugewendet zu werden, sondern kann durch Vertrag zugunsten des Rentenberechtigten als Dritten (§ 328 Abs. 1 BGB) diesem von einer anderen Person zugewendet worden sein.
Ist die Zuwendung so ausgestaltet, dass das Rentenstammrecht dem Zuwendenden und dem Dritten als Gesamtgläubigern zusteht, beschränkt sich der Gegenstand der Zuwendung auf die Verschaffung der Gesamtgläubigerstellung bezüglich des Rentenstammrechts. Eine Bereicherung i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist mit der Verschaffung einer derartigen Gesamtgläubigerstellung allerdings nur insoweit verbunden, als der Bedachte über den Gegenstand der Zuwendung tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann. Ob und in welchem Umfang F über die Rentenleistungen tatsächlich frei verfügen kann, beurteilt sich nach dem Innenverhältnis zwischen den Eheleuten. Dieses ist bislang nicht ausreichend aufgeklärt. Sollte das FG zu der Überzeugung gelangen, dass F im Innenverhältnis zu M über die anteiligen Rentenleistungen frei verfügen kann, wäre ihr dieser Vermögensvorteil unentgeltlich zugewendet worden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 22.8.2007, II R 33/06.