Das steht im Urteil
Wird ein Betrieb verpachtet, ohne dass die Betriebsaufgabe erklärt wird, so ist auch nach dem Ende des Pachtverhältnisses so lange von der Fortführung des Betriebs auszugehen, wie die Möglichkeit besteht, den Betrieb fortzuführen.
Der Sachverhalt
Im Streitfall ging es um eine – aus A und B bestehende – GbR, die bis 1969 in einem Gebäude ein Einzelhandelsgeschäft (Schuhgeschäft) unterhielt. Danach wurde das gesamte Gebäude an ein Unternehmen vermietet, das dort ebenfalls ein Schuhgeschäft betrieb. Nach Beendigung dieses Mietverhältnisses im Jahre 1998 wurden das Erd- und das I. Obergeschoss für die Dauer von zehn Jahren an ein Bekleidungsunternehmen vermietet; die weiteren Geschosse standen zunächst leer und wurden erst nach einem Umbau ab 2000 für zehn Jahre zum Betrieb einer ärztlichen Praxis verpachtet.
In ihrer Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte für das Streitjahr 1998 ging die GbR davon aus, dass ihr Betrieb zwar ruhe, aber nicht aufgegeben worden sei. Die GbR erklärte deshalb für das Streitjahr weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, die GbR habe durch den Umbau und die Neuverpachtung ihren Betrieb aufgegeben, weil der ursprünglich betriebene Schuh-Einzelhandel nicht mehr identitätswahrend habe fortgeführt werden können.
Die Meinung des BFH
Der BFH geht davon aus, dass die Verpachtung eines Gewerbebetriebs keine Betriebsaufgabe darstellt.
Der Unternehmer kann zwar dem Finanzamt gegenüber erklären, dass er seinen Betrieb aufgibt, mit der Folge, dass die im Betriebsvermögen ruhenden stillen Reserven aufgedeckt und als Betriebsaufgabegewinn gem. §§ 16 Abs. 4, 34 EStG begünstigt besteuert werden. Gibt er jedoch keine solche Erklärung ab, so gilt der bisherige Betrieb als fortbestehend. Nach Auffassung des BFH ist auch bei besonders langer Verpachtung keine "Zwangsbetriebsaufgabe" anzunehmen.
Diese Betriebsverpachtungsgrundsätze sind nicht nur dann anzuwenden, wenn der Betrieb im Ganzen als geschlossener Organismus verpachtet wird, sondern – wie im Streitfall – auch dann, wenn zumindest alle "wesentlichen Grundlagen" des Betriebs verpachtet (bzw. vermietet) werden. Bei einem Einzelhandelsbetrieb bildet regelmäßig das Betriebsgrundstück die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage, wenn ihm durch seine Lage, den hierdurch bedingten örtlichen Wirkungskreis und den dadurch wiederum bestimmten Kundenkreis im Verhältnis zu den übrigen Wirtschaftsgütern besondere Bedeutung zukommt. Dabei wird eine Betriebsverpachtung nicht von vornherein dadurch ausgeschlossen, dass das pachtende Unternehmen einer anderen Branche angehört als der Verpächter. Denn entscheidend ist nicht, ob der Pächter den bisherigen Betrieb fortführt, sondern ob der Verpächter die Eigenbewirtschaftung nach Ablauf des Nutzungsverhältnisses ohne wesentliche Änderung wieder aufnehmen kann.
Im Streitfall geht der BFH davon aus, dass die wirtschaftliche Identität des Gewerbebetriebs nach den Vermietungen bestehen geblieben ist; auch der Umbau des Geschäftshauses sowie der Branchenwechsel auf der Seite der Mieter haben nicht zu einer zwangsweisen Betriebsaufgabe geführt. Eine Betriebsaufgabe hat sich schließlich auch nicht aus der Dauer der Neuvermietung ergeben. Denn der Zeitablauf ist nicht geeignet, eine zwangsweise Betriebsaufgabe zu begründen. Eine spätere Betriebsaufgabe kann nur dann angenommen werden, wenn sie den äußeren Umständen nach klar zu erkennen und der Zeitpunkt eindeutig zu bestimmen ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.03.2009, IV R 45/06v. 19.3.2009, IV R 45/06