Leitsatz

Wird ein Pflichtteilsanspruch geltend gemacht, entsteht zu diesem Zeitpunkt auch bereits die Erbschaftsteuer. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Auszahlung des Pflichtteils bereits in einer konkreten Höhe oder nur dem Grunde nach verlangt wird.

 

Sachverhalt

Eine Erbin konnte sich nicht mit Pflichtteilsberechtigten über die Höhe seines Anspruchs einigen. Daraufhin wurde ein Rechtsanwalt eingeschaltet, der im Dezember 1995 bei der Erbin den Pflichtteil geltend machte und sie aufforderte dazu die Höhe des Nachlasses mitzuteilen. Nach Androhung einer Klage einigte sich die Erbin mit dem Pflichtteilsberechtigten im Jahr 1998 über die Höhe des Pflichtteilsanspruchs. Das Finanzamt ging davon aus, dass der Pflichtteilsanspruch bereits im Jahr 1995 geltend gemacht wurde und somit die Erbschaftsteuer bereits in diesem Jahr entstanden ist. Es gewährte deshalb nur den damals noch geringeren Freibetrag von 90000 DM.

Nach erfolglosem Einspruch und Klage scheiterte auch die Revision beim BFH. Wird ein Pflichtteilsanspruchs geltend gemacht gilt dies als Erwerb von Todes wegen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Entscheidende Bedeutung hat damit der Zeitpunkt der "Geltendmachung" des Pflichtteilsanspruchs. Durch ein ernstliches Verlangen auf Erfüllung des Anspruchs gegenüber dem Erben, mit welchem der Berechtigte seinen Entschluss, die Erfüllung des Anspruchs zu verlangen, in geeigneter Weise bekundet, ist der Anspruch geltend gemacht. Dabei wird häufig eine konkreteHöhe des Anspruchs noch nicht genannt, da diese meist erst nach Erteilung der Auskunft zur Höhe des Nachlasses nach § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB ermittelt werden kann.

Im Urteilsfall folgte der BFH dem FG und bejahte eine Geltendmachung des Anspruchs bereits in 1995. Da die Erbschaftsteuer im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs entsteht (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG) war der Erbschaftsteuerbescheid mit Abzug des Freibetrags in seiner 1995 geltenden Höhe zutreffend.

 

Hinweis

Nach § 2317 Abs. 1 BGB entsteht der Anspruch auf den Pflichtteil bereits im Zeitpunkt des Todes. Die Erbschaftsteuer entsteht dagegen erst, wenn der Pflichtteil auch geltend gemacht wird. Dazu ist allerdings keine Bezifferung des Anspruchs erforderlich. Verlangt der Berechtigte vom Erben aber zunächst nur Auskunftnach § 2314 BGB und behält sich die Geltendmachung des Pflichtteils vor, gilt der Anspruch auf den Pflichtteil als noch nicht geltend gemacht, so auch BFH, Urteil v. 7.10.1998, BStBl 1999 II S. 23.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 19.7.2006, II R 1/05.

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