Zusammenfassung

 
Überblick

Der Erbschaftsteuer unterliegen die Erwerbe von Todes wegen. Maßgebend für die Einordnung der einzelnen Besteuerungstatbestände ist das Zivilrecht. Abweichungen hiervon sind im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) ausdrücklich geregelt. Im Beitrag werden die einzelnen Erwerbe von Todes wegen dargestellt. Auf die speziellen steuerlichen Vorschriften für Vor- und Nacherben sowie bei Beginn, Beendigung und Wechsel des Güterstands bei Ehegatten bzw. Lebenspartner i. S. d. Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) wird ebenfalls eingegangen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Erbschaftsteuergesetz

Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) vom 27.2.1997, zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 15.3.2012 sowie

Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung (ErbStDV) vom 8.9.1998, zuletzt geändert durch Gesetz vom 8.12.2010.

Erbschaftsteuer-Richtlinien

Für alle Erwerbsfälle, für die die Steuer nach dem 2.11.2011 entstanden ist, sind die Erbschaft- und Schenkungsteuer-Richtlinien 2011[1] anzuwenden. Sie sind Weisungen an die Finanzbehörden zur einheitlichen Anwendung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts und der dazu notwendigen Regelungen des Bewertungsrechts. Bisher ergangene Anweisungen, die mit diesen Richtlinien in Widerspruch stehen, sind nicht mehr anzuwenden.

Amtliche Hinweise

Zeitgleich zu den Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 sind ergänzend sogenannte Hinweise ergangen – die Erbschaftsteuer-Hinweise 2011.[2] Die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 17.3.2003, zuletzt geändert durch die gleich lautenden Ländererlasse vom 20.10.2010 wurden damit aufgehoben. Die amtlichen Hinweise enthalten neben zahlreichen Beispielen den ausgewählten aktuellen Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Erbschaft- und Schenkungsteuer und zum Bewertungsrecht.

[1] v. 19.12.2011, BStBl I Sondernummer 1, S. 2.
[2] v. 19.12.2011, BStBl I Sondernummer 1, S. 117.

1 Was unterliegt der Erbschaftsteuer?

Erbanfallsteuer

Die Erbschaftsteuer erfasst als Erbanfallsteuer jeweils nur die Bereicherung, die dem einzelnen Erwerber durch Erbanfall zufällt. Sie steht damit im Gegensatz zu einer Nachlasssteuer, die aus dem Nachlass als Ganzem, ähnlich einer letztmals beim Erblasser erhobenen "Vermögensteuer", zu zahlen wäre.

2 Grundlagen

Die im ErbStG verwendeten Begriffe sind grundsätzlich nach bürgerlichem Recht auszulegen, soweit das Steuerrecht nicht Abweichungen vorsieht.

2.1 Abweichungen vom bürgerlichen Recht

Nachlassanteil des Miterben

Abweichungen bei der steuerlichen Bewertung gibt es z. B. bei der Vor- und Nacherbschaft, bei Abfindungen und bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft. Abweichend vom bürgerlichen Recht sind nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten anteilig zuzurechnen. Der einzelne Miterbe wird trotz seiner gesamthänderischen Bindung wie ein Bruchteilseigentümer behandelt. Dem Miterben wird sein Anteil am Nachlass ohne Rücksicht auf die Erbauseinandersetzung unmittelbar zugerechnet und der Besteuerung zugrunde gelegt.

Die enge Verknüpfung des Erbschaftsteuerrechts mit dem bürgerlichen Recht schließt die vor allem im Ertragsteuerrecht häufig anzuwendende sog. wirtschaftliche Betrachtungsweise regelmäßig aus.[1]

2.2 Teilungsanordnung

Verschiebung der Erbanteile

Führt eine Teilungsanordnung, d. h. die Bestimmung des Erblassers, wie der Nachlass aufgeteilt werden soll, zu keiner Verschiebung der Erbanteile, ist sie für die Besteuerung des Erbfalls des einzelnen Miterben ohne Bedeutung.[2] Stellt die Anordnung des Erblassers über die Zuweisung bestimmter Nachlassgegenstände einen Miterben im Vergleich zum Wert seines Erbteils besser oder schlechter und ist dies vom Erblasser beabsichtigt, liegt ein Vorausvermächtnis oder eine Auflage vor, die erbschaftsteuerlich werterhöhend oder wertmindernd beim Erwerb dieses Miterben zu berücksichtigen sind.

 
Praxis-Beispiel

Vorausvermächtnis bei einer unechten Teilungsanordnung

Der Erblasser E setzt seine Kinder A und B zu gleichen Teilen als Erben ein. Der Nachlass besteht aus einem Grundstück mit einem Verkehrswert von 900.000 EUR und aus Kapitalvermögen von 400.000 EUR. E bestimmt, dass A das Grundstück ohne Wertausgleichszahlung an B und B das Kapitalvermögen erhalten soll.

Lösung

Hinsichtlich des Anteils am Grundstück, für den keine Wertausgleichszahlung zu leisten ist, liegt ein Vorausvermächtnis vor. Diese ist wie folgt zu bewerten:

 
Wert des Vorausvermächtnisses (Grundstücksanteil)
50 % von 900.000 EUR     450.000 EUR
       
Für A und B ergeben sich folgende Erwerbe:
Wert des Nachlasses     1.300.000 EUR
abzgl. Wert des Vorausvermächtnisses für A     ./. 450.000 EUR
verbleiben     850.000 EUR
         
Erbanteil je 50 % für A: 425.000 EUR für B: 425.000 EUR
Vorausvermächtnis A   + 450.000 EUR    
Erwerb für A: 825.000 EUR für B: 425.000 EUR
[1] R E 3.1 ErbStR.
[2] BFH, Urteile v. 10.11.1982, BStBl 1983 II S. 329 u. 1.4.1992, BStBl 1992 II S. 669.

2.3 Erbschein

Erbberechtigung

Die Finanzbehörden wie auch die Finanzgerichte gehen von dem Erbr...

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