Leitsatz
- Der Ausschlusstatbestand in § 3 Satz 3 InvZulG 1996 ist betriebsstättenbezogen auszulegen. Auch wenn ein Mischbetrieb insgesamt einem begünstigten Wirtschaftszweig zuzuordnen ist, können daher Investitionen in Betriebsstätten, die für sich genommen zu einem nicht begünstigten Wirtschaftszweig gehören, von der Investitionszulage ausgeschlossen sein.
- Nicht begünstigt sind nach § 3 Satz 3 InvZulG 1996 u. a. Investitionen in Betriebsstätten des Handels "vorbehaltlich des § 5 Abs. 4 InvZulG 1996" (erhöhte Investitionszulage für Betriebe des Groß- oder Einzelhandels). Dieser Vorbehalt ist gleichfalls betriebsstättenbezogen auszulegen. Bei einem insgesamt dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnenden Mischbetrieb steht daher die erhöhte Investitionszulage nach § 5 Abs. 3 InvZulG 1996 dem Anspruchsberechtigten auch für Wirtschaftsgüter zu, die in selbständigen Betriebsstätten des Einzelhandels verwendet werden, sofern die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 Buchst. b und Nr. 3 InvZulG 1996 vorliegen.
Sachverhalt
Die Investorin betreibt als Einzelunternehmen im innerstädtischen Bereich eine Druckerei sowie Betriebsstätten des Einzelhandels, und zwar eine Schreibwarenhandlung sowie zwei Geschenkartikelläden. Der Gesamtumsatz verteilt sich mit 70 % auf die Druckerei und mit 30 % auf die drei Läden. Das Finanzamt gewährte die erhöhte Investitionszulage von 10 % nur für die Investitionen in die Druckerei (verarbeitendes Gewerbe i. S. von § 3 Satz 1 Nr. 4 InvZulG 1996), versagte sie aber für die in den Läden verwendeten Wirtschaftsgüter mit der Begründung, Betriebsstätten des Handels seien nach § 3 Satz 3 InvZulG 1996 nicht begünstigt und die Ausnahme des § 5 Abs. 4 InvZulG 1996 liege nicht vor, da der Betrieb insgesamt nicht dem innerstädtischen Groß- oder Einzelhandel, sondern dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen sei.
Entscheidung
Bei einem Mischbetrieb entscheidet sich die Einordnung nach dem Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit. Der Gesamtbetrieb mit dem Schwerpunkt Druckerei war daher dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen. Gleichwohl wären nach § 3 Satz 3 InvZulG 1996 aber an sich die Investitionen in die drei Läden ausgeschlossen. Denn sie stellen Betriebsstätten des Handels dar. Der Ausschlusstatbestand ist betriebsstättenbezogen auszulegen, sodass die Einordnung des Gesamtbetriebs (hier: verarbeitendes Gewerbe) ohne Bedeutung ist.
Nach Auffassung des BFH kommt dieser Ausschluss indes wegen des Vorbehalts des § 5 Abs. 4 InvZulG 1996 in § 3 Satz 3 InvZulG 1996 hier nicht zum Tragen. Nach diesem Vorbehalt sind Betriebe des Groß- und Einzelhandels begünstigt, wenn sie besondere Fördervoraussetzungen erfüllen, insbesondere im innerstädtischen Gebiet liegen. Der BFH legt diesen Vorbehalt ebenfalls betriebsstättenbezogen aus. Das bedeutet: Eine Investition in einer selbständigen, im innerstädtischen Gebiet liegenden Betriebsstätte, die dem Groß- oder Einzelhandel zuzuordnen ist, ist auch dann begünstigt, wenn der Gesamtbetrieb nicht dem Groß- oder Einzelhandel, sondern dem verarbeitenden Gewerbe zuzurechnen ist.
Praxishinweis
Um dem Förderzweck zu genügen, ist § 3 Satz 3 InvZulG 1996 insoweit einschränkend auszulegen, als vom Ausschluss der Begünstigung nicht nur Betriebsstätten des Handels ausgenommen sind, bei denen die Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen eines die Fördervoraussetzungen erfüllenden Groß- oder Einzelhandelsbetriebs gehören, sondern auch solche Betriebsstätten des Handels, bei denen die Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen eines Betriebs zählen, der einem begünstigten Wirtschaftszweig zuzuordnen ist, sofern die übrigen Begünstigungsvoraussetzungen für diese Betriebsstätte vorliegen.
Der BFH weicht mit dieser Auslegung von der insoweit strengeren Verwaltungsauffassung ab. Laut Finanzverwaltung setzt die Rückausnahme in § 3 Satz 3 InvZulG 1996 voraus, dass der gesamte Tatbestand des § 5 Abs. 4 InvZulG 1996 vollständig erfüllt ist. Die erhöhte Zulage käme danach nur in Betracht, wenn die Betriebsstätten, in denen die Investitionen getätigt werden, zu einem Betrieb i. S. von § 5 Abs. 4 InvZulG 1996, d. h. zum innerstädtischen Groß- oder Einzelhandel gehören.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.11.2002, III R 42/01