Leitsatz (amtlich)
Die Überlassung eines urheberrechtlich geschützten Computerprogramms unterliegt nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG 1993 dem ermäßigten Steuersatz, wenn der Urheber oder Nutzungsberechtigte dem Leistungsempfänger die in § 69c Satz 1 Nr. 1-3 UrhG bezeichneten Rechte auf Vervielfältigung und Verbreitung nicht nur als Nebenfolge einräumt. Wenn der wirtschaftliche Gehalt des Vorgangs nicht auf die Verbreitung des Computerprogramms, sondern überwiegend
auf seine Anwendung für die Bedürfnisse des Leistungsempfängers gerichtet ist, unterliegt der Umsatz dem regelmäßigen Steuersatz.
Sachverhalt
Die Unternehmensberatung AG (AN), eine Organgesellschaft der Klägerin, be-fasste sich u.a. mit der Erstellung von Computer-Software für Wirtschaftsunternehmen. Aufgrund eines Vertrages mit der Lebensversicherungs-AG (AG) vom 23.9.1993 über die "Erstellung eines EDV-Anwendungssystems für die Passive Rückversicherung in der Lebensversicherung" übernahm sie die Erstellung von Spezialsoftware für deren Betrieb. Die Vergütung für AN betrug pauschal 1114 048 DM zuzüglich USt. Spesen, Reisekosten und sonstige Aufwendungen waren mit dieser Vergütung abgegolten. Gleiches galt bis zur Abnahme für die Kosten von Funktionsprüfungen, Tests und Fehlersuche. Im angefochtenen USt-Bescheid für das Streitjahr 1993 unterwarf das Finanzamt diesen Umsatz dem allgemeinen Steuersatz. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage, mit der die Klägerin die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes begehrte, ab. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG 1993 für die vertraglich vereinbarte Entwicklung eines urheberrechtsfähigen Computerprogramms zur Anwendung für die Bedürfnisse des Leistungsempfängers setzt voraus, dass der Rechtsinhaber dem Leistungsempfänger nach dem wirtschaftlichen Gehalt des Umsatzes das Recht zur Verwertung des Werkes gemäß den Bestimmungen des UrhG - insbesondere durch Vervielfältigung und Verbreitung - einräumt und ihm nicht nur die bestimmungsgemäße Benutzung gestattet. Die Einräumung oder Übertragung der urheberrechtlichen Nutzungsrechte muss Hauptbestandteil der Leistung sein. Dementsprechend ist die Überlassung von geschützten Computerprogrammen nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG 1993 begünstigt, wenn der Urheber oder Nutzungsberechtigte dem Leistungsempfänger die in § 69c Satz 1 Nr. 1-3 UrhG bezeichneten Rechte auf Vervielfältigung und Verbreitung nicht nur als Nebenfolge einräumt. Dagegen ist die bloße zustimmungspflichtige oder zustimmungsfreie Befugnis zur Benutzung des urheberrechtlich gegen unbefugte Verbreitung geschützten Computerprogramms nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG 1993 begünstigt, wenn sich der Leistungsempfänger die Benutzung des für seine Bedürfnisse geschaffenen Computerprogramms hat vertraglich sichern wollen und ihm auch die Befugnis zur Vervielfältigung undVerbreitung zwar gestattet ist, von ihm aber nicht erstrebt wird. Beweisanzeichen dafür, dass die Einräumung von umfassenden Nutzungsrechten nur eine Nebenfolge der Herstellung und Installation des auf die individuellen Bedürfnisse des Auftraggebers zugeschnittenen Computerprogramms ist, sind z.B. die Tätigkeit des Leistungsempfängers, die bei ihm vorhandenen Vertriebsvorbereitungen, die vorhandenen Vertriebswege, die wirkliche Durchführung der Vervielfältigung und Verbreitung und die Vereinbarungen über die Bemessung und Aufteilung des Entgelts. Wenn der wirtschaftliche Gehalt des Vorgangs nicht auf die Verbreitung des Computerprogramms, sondern überwiegend auf seine Anwendung für die Bedürfnisse des Leistungsempfängers gerichtet ist, unterliegt der Umsatz dem regelmäßigen Steuersatz.
Wie das FG zutreffend dargelegt hat, diente die Vereinbarung zwischen AN und AG vom 23.9.1993 über die Einräumung unbeschränkter Nutzungsrechte lediglich der Absicherung der ungehinderten Benutzung des für AG entwickelten und installierten Programms. Für eine umsatzsteuerrechtlich begünstigte Leistung, die in der Einräumung von Rechten zur Verbreitung und Veröffentlichung des Computerprogramms besteht, finden sich keine Anhaltspunkte. Nach den vertraglichen Grundlagen, die den Leistungen von AN an AG zugrunde lagen, hat AN für AG ein für deren individuelle betriebliche Bedürfnisse verwendbares Datenverarbeitungsprogramm entwickelt, dieses getestet, eingeführt und die Mitarbeiter geschult. Die festgelegte Vergütung ist pauschal bemessen worden und deckte ausdrücklich Spesen, Reisekosten, Kosten für Tests und Fehlersuche sowie für die Räume im Entwicklungszentrum ab. Weder ist ein Entgelt für die Verbreitung und Veröffentlichung des Computerprogramms vereinbart worden noch ist in dem vereinbarten Entgelt ein Hinweis auf eine an der Verbreitung und Vervielfältigung ausgerichtete Bemessung enthalten.
Link zur Entscheidung
BFH vom 27.9.2001 – V R 14/01