Leitsatz
Das BMF wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten, um zu der Frage Stellung zu nehmen, ob das "Legen von Wasserleitungen (Liefererleitungen) einschließlich der Hauswasseranschlüsse" durch einen Zweckverband zur Trinkwasserversorgung als (steuerbare) selbständige umsatzsteuerpflichtige Hauptleistung "Verschaffung der Möglichkeit zum Anschluss an das Versorgungsnetz" oder als unselbständige Nebenleistung zur Lieferung des Wassers anzusehen ist.
Sachverhalt
Streitig ist im anhängigen Revisionsverfahren, ob das Legen sog. Hausanschlussleitungen gegen "Baukostenzuschüsse" durch einen Zweckverband zur Trinkwasserversorgung entsprechend der Auffassung der Finanzverwaltung als selbständige umsatzsteuerpflichtige Hauptleistung "Verschaffung der Möglichkeit zum Anschluss an das Versorgungsnetz" oder als unselbständige Nebenleistung zur Lieferung des Wassers anzusehen und deshalb (nur) mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage für die "Lieferung von Wasser" zu besteuern ist. Das FG gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt. Das Finanzamt legte Revision ein.
Entscheidung
Der BFH fordert das BMF zum Beitritt zum Revisionsverfahren auf. Er stützt dies auf folgende Gesichtspunkte:
Die Beteiligten sahen den Zweckverband als juristische Person des öffentlichen Rechts als Unternehmer an. Das gilt jedenfalls für den "Betrieb zur Versorgung der Bevölkerung mit Wasser" i.S.v. § 4 Abs. 3 KStG i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG bzw. für "Lieferungen von Wasser" i.S.v. Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 der 6. EG-Richtlinie i.V.m. Anhang D Nr. 2. Fraglich ist aber, ob das Legen der Hausanschlussleitungen in den Rahmen dieses Betriebs fällt. Wäre dies nicht der Fall, käme es darauf an, ob der Zweckverband beim Legen der Wasserleitungen gemäß Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 und 2 der 6. EG-Richtlinie als Unternehmer gehandelt hat. Bisher fehlen aber Feststellungen dazu, auf welcher Rechtsgrundlage – privatrechtlicher Vertrag oder öffentlich-rechtliche Sonderregelung mit hoheitlichen Befugnissen – der Zweckverband Wasser liefert und Leitungen legt. Ist eine Tätigkeit als Unternehmer anzunehmen, stellt sich die Frage, ob diese Leistungen – wie die Lieferungen von Wasser – mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % zu besteuern sind.
Nach früherer Verwaltungsauffassung – bis zum Erlass des BMF-Schreibens vom 4.7.2000 – wurde das Legen von Hausanschlussleitungen als Nebenleistung zur Lieferung von Wasser angesehen. Es ist fraglich, ob das BMF-Schreiben vom 4.7.2000 mit der Rechtsprechung des EuGH und des BFH zur Annahme eine Nebenleistung in Einklang steht.
Praxishinweis
Die Frage der Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und – falls diese unternehmerisch tätig werden – der Besteuerung vergleichbarer Leistungen, z.B. jeglicher Energieversorgungsleistungen, dürfte im Zuge fortschreitender Privatisierung der bisher öffentlich-rechtlichen Versorgung von Haushalten eine gewisse Bandbreite haben. Das BMF ist inzwischen dem Verfahren beigetreten.
Link zur Entscheidung
BFH-Beschluss vom 18.1.2005, V R 61/03