Leitsatz
- Leistungen einer Einrichtung der Wohlfahrtspflege an andere steuerbegünstigte Körperschaften sind nicht nach § 4 Nr. 18 UStG 1993 steuerfrei, wenn sie einer gemeinnützigen GmbH und deshalb nicht unmittelbar den in der Satzung bezeichneten hilfsbedürftigen Personen i.S. der §§ 53, 66 AO zugute kommen.
- Für diese Leistungen kann die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG gewährt werden, wenn die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs (§§ 66, 65 AO) erfüllt sind.
Sachverhalt
Ein örtlicher gemeinnütziger Verein – Mitglied des als Verband der Freien Wohlfahrtspflege i.S. des § 4 Nr. 18 UStG i.V.m. § 23 UStDV anerkannten X-Verbands – hat nach seiner Satzung u.a. den "Blutspendedienst" als Tätigkeitsbereich. Den medizinisch-technischen Teil der Gewinnung von Blutkonserven – von der Blutabnahme bis zur Lieferung des Bluts an Krankenhäuser – führt die rechtlich selbständige Blutspendedienst-gGmbH durch. Die Mitwirkung des Vereins gegenüber der gGmbH betraf insbesondere die Werbung für Blutspendetermine, die Gestellung ehrenamtlicher Helfer, die nichtmedizinische Betreuung der unentgeltlich auftretenden Spender sowie Verwaltungs- und Transportarbeiten.
Der Verein erhielt im Streitjahr 1998 von der gGmbH pro Spender eine Pauschale, die seine Aufwendungen geringfügig überstieg. Er war der Auffassung, diese Leistungen unterlägen nicht der Umsatzsteuer. Das Finanzamt beurteilte die Leistungen dagegen als umsatzsteuerpflichtig. Das FG gab der Klage zum Teil statt; es hielt den ermäßigten Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG für einschlägig. Verein und Finanzamt legten Revision ein.
Entscheidung
Der Verein ist Unternehmer und führt an die gGmbH sonstige Leistungen gegen Entgelt aus. Die Umsätze sind weder nach § 4 Nr. 17 UStG (Lieferung von menschlichem Blut) noch nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei. Für letztere Befreiung fehlt es daran, dass die Leistungen des Vereins unmittelbar dem nach der Satzung begünstigten Personenkreis zugute kommen. Nach dem nicht konkretisierten Satzungszweck "Blutspendedienst" sind dies die Personen, die mit Blut versorgt werden sollen. Selbst wenn man – mit dem Verein – die "Spender" als begünstigte Personen ansähe, scheitert die Befreiung daran, dass eine Reihe von Leistungen des Vereins den Spendern nicht unmittelbar zugute kommt.
Wegen der Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG war die Sache an das FG zurückzuverweisen. Diese Vorschrift betrifft die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar u.a. gemeinnützigen Zwecken dienen. Die Leistungen dürfen aber nicht im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden, der kein Zweckbetrieb ist. In Betracht kommen nur die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs i.S. des § 65 AO. Dazu muss das FG noch Feststellungen treffen.
Zwar ist zu bejahen, dass die wirtschaftliche Tätigkeit des Vereins – in Ergänzung der Tätigkeit der ebenfalls gemeinnützigen GmbH, der die medizinische Betreuung der Spender sowie die Verarbeitung des gewonnenen Blutes zukam – jedenfalls in ihrer Gesamtrichtung dazu diente, den steuerbegünstigten Zweck der Motivation der Bevölkerung zu freiwilligen und unentgeltlichen Blutspenden für eine überregionale, flächendeckende Blutversorgung für Kranke sowie Not- und Katastrophenfälle zu erfüllen. Dass der Verein nur einen Teil, die gemeinnützige GmbH den anderen Teil des Gesamtkonzepts verwirklichte, ist insoweit unerheblich.
Das FG hat auch ohne Rechtsfehler bejaht, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb sich von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen lässt; sie ist eine nicht wegzudenkende Voraussetzung für die Versorgung mit Blut durch die ebenfalls gemeinnützige GmbH. Soweit das FG Wettbewerbsstörungen i.S.v. § 65 Nr. 3 AO allein mit dem Hinweis verneint, niemand sei bereit, die Leistungen des Vereins für die empfangenen Zahlungen zu erbringen, steht das im Widerspruch zur Äußerung des Vereins, der Zuschuss pro Spender bleibe "deutlich hinter den von Erwerbsunternehmen verlangten Entgelten zurück". Es fehlen Feststellungen zur Wettbewerbssituation im Tätigkeitsbereich des Vereins. Nur auf dieser Grundlage lässt sich beurteilen, ob ein anderer, nicht steuerbegünstigter Betreiber die gegebene Nachfrage in ähnlicher Weise wie der Verein befriedigen könnte.
Praxishinweis
Auch große Organisationen – oder gerade solche – können sich durch rechtliche und tätigkeitsbezogene Diversifizierung aus dem angestrebten steuerbegünstigten Bereich der Gemeinnützigkeit "hinausorganisieren", wenn sie die Satzungen ihren Organisationsveränderungen nicht anpassen und den Satzungszweck jeder (Unter-)Organisation nicht hinreichend konkretisieren. Geht dabei eine Steuerbefreiung verloren, die einer Gesamtorganisation gegebenenfalls zugekommen wäre, kann eine Steuersatzermäßigung in Betracht kommen. Denn während § 4 Nr. 18 Buchst. b UStG das "unmittelbare zugute kommen der Leistungen" an die Begünstigten verlangt, reic...