Leitsatz
Die Verbindung des Wasser-Verteilungsnetzes mit der Anlage des Grundstückseigentümers (sog. Legen eines Hausanschlusses) durch ein Wasserversorgungsunternehmen gegen gesondert berechnetes Entgelt fällt auch dann unter den Begriff "Lieferungen von Wasser" i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage zum UStG und ist deshalb mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern, wenn die Anschlussleistung nicht an den späteren Wasserbezieher, sondern an einen Bauunternehmer oder Bauträger erbracht wird.
Sachverhalt
Ein kommunales Wasserversorgungsunternehmen übernahm neben der Wasserlieferung das Legen der Hausanschlüsse gegen Baukostenzuschüsse bzw. Anschlussbeiträge und beanspruchte den ermäßigten Steuersatz auch, soweit es Hausanschlüsse für Bauträger legte. Finanzamt und -gericht waren anderer Auffassung, weil die Anschlüsse nicht an die späteren Empfänger der Wasserlieferungen geleistet worden war.
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf.
Hinweis
Die Finanzverwaltung hat das Legen eines Hausanschlusses ursprünglich unter der Voraussetzung der Identität des Leistungsempfängers als Nebenleistung zur Wasserlieferung, später als eigenständige Leistung beurteilt. Beides ist durch die neue Rechtsprechung des BFH im Anschluss an eine Vorabentscheidung des EuGH überholt.
Gemeinschaftsrechtlich zulässig ist eine Steuerermäßigung für "Lieferungen von Wasser". Diesen Begriff hat der EuGH ausgelegt und entschieden, er "umfasse auch das Legen eines Hausanschlusses", d.h. die Verlegung einer Leitung, die die Verbindung des Wasserverteilungsnetzes mit der Wasseranlage eines Grundstücks herstellt. Ob das Legen eines Hausanschlusses als Nebenleistung zur Wasserlieferung anzusehen ist, konnte, da es um die Auslegung des Tatbestandsmerkmals für die gemeinschaftsrechtlich zulässige Steuerermäßigung für "Lieferungen von Wasser" ging, keine Rolle spielen.
Das UStG ermäßigt den Steuersatz für die "Lieferung von Wasser" und nimmt lediglich einzelne Aspekte wie Trinkwasser, Heilwasser und Wasserdampf ausdrücklich aus. Der Begriff "Lieferung von Wasser" war gemeinschaftsrechtlich auszulegen. Der nationale Gesetzgeber hätte zwar aus dem Rahmen der gemeinschaftsrechtlich zulässigen Ermäßigung für "Lieferungen von Wasser" einzelne Aspekte ausnehmen können. Das hätte aber eine gesetzliche Regelung erfordert.
Umfasst danach die Steuerermäßigung alle Aspekte der "Lieferung von Wasser" einschließlich des Legens eines Hausanschlusses mit Ausnahme der ausdrücklichen Ausnahmen im Anhang 34 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG, ist sowohl die – isolierte – Wasserlieferung als auch die – isolierte – Erstellung des Hausanschlusses begünstigt. Da die Begünstigung keine Anforderungen an den Leistenden aufstellt, kann es nicht von Bedeutung sein, ob der Wasseranschluss von einem kommunalen Wasserversorgungsunternehmen gelegt wird.
Link zur Entscheidung
BFH, 08.10.2008, V R 27/06