Kommentar

Ein Beförderungsunternehmer (Kläger) beförderte für eine GmbH behinderte Jugendliche und Erwachsene (Fahrgäste) zwischen deren Wohnungen und den Werkstätten für behinderte Menschen in zwei Gemeinden. Dazu war vertraglich vereinbart, dass sich das Entgelt nach den gefahrenen Gesamt-Kilometern und nach einem Kilometersatz, der nach der Größe des eingesetzten Fahrzeugs gestaffelt ist, ermittelt. Der Kläger wandte auf diese Beförderungsleistungen den ermäßigten Umsatzsteuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG an.

Nach Auffassung des Finanzamts hatten die für die Beförderungsleistungen eingesetzten Busse ausnahmslos Beförderungsstrecken von mehr als 50 km täglich für die einfache Beförderungsstrecke zurückgelegt, sodass die Voraussetzungen für die Gewährung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes nicht als erfüllt anzusehen seien. Die Klage hatte keinen Erfolg.

Der BFH bestätigte das FG: Es sei zutreffend von einer einheitlichen Leistung des Klägers ausgegangen (so bereits die BFH-Rechtsprechung zu Beförderungsleistungen bei Taxifahrten[1]). Dabei ließ der BFH offen, ob für die Annahme nur einer Beförderungsleistung bereits der Abschluss nur eines Beförderungsvertrags zur Beförderung einer Mehrzahl von Personen ausreiche (was m.E. nicht überzeugen würde).

Gegenstand des Beförderungsvertrags war aber die Beförderung aller im jeweiligen Zeitraum zu befördernder Fahrgäste von deren Wohnort zu den Werkstätten der GmbH. Auf die von jedem Fahrgast individuell zurückzulegende Strecke kam es nicht an. Vielmehr sollte der Beförderungsunternehmer eine Fahrtroute wählen, die für die Beförderung aller Fahrgäste optimal war. Er musste auch das kostengünstigste Fahrzeug für die jeweilige Anzahl zu befördernder Fahrgäste auswählen. Auch das Entgelt orientierte sich an dem jeweils benutzten Fahrzeug und der damit zurückgelegten Gesamtstrecke. Wie viele Personen in einem Fahrzeug tatsächlich befördert wurden, war für die Höhe des Entgelts unerheblich.

Die zurückgelegte Strecke beginnt mit dem Einstieg der ersten und endet mit dem Ausstieg der letzten beförderten Person innerhalb einer Fahrtrichtung.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 19.4.2012, V R 35/11, BFH/NV 2012 S. 1834

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?