Leitsatz
Bei der Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 sind – jedenfalls in den Veranlagungszeiträumen 1999 und 2000 – auch Unterentnahmen aus Wirtschaftsjahren zu berücksichtigen, die vor dem 1.1.1999 geendet haben.
Sachverhalt
S ermittelte seine Einkünfte im Streitjahr 1999 durch Bilanzierung. Das Finanzamt erhöhte den erklärten Gewinn um nicht abziehbare Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG von 3404 DM auf 19682 DM. Dabei ging es davon aus, dass Unterentnahmen in den Jahren vor 1999 nicht zu berücksichtigen seien. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab. Die Revision hatte Erfolg. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zurück.
Entscheidung
Weder der Wortlaut des § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG 1999 noch der Sinn und Zweck dieser Regelung lassen Raum für die Auslegung, Unterentnahmen aus vor dem 1.1.1999 endenden Wirtschaftsjahren hätten bei der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen unberücksichtigt zu bleiben. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung sind in allen Wirtschaftsjahren, die nach dem 31.12.1998 enden – und somit auch im Wirtschaftsjahr 1999 –, die nicht abziehbaren Schuldzinsen typisiert mit 6 % der Überentnahmen des Wirtschaftsjahrs zuzüglich der Überentnahmen der vorangegangenen Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), zu ermitteln. Der Sinn und Zweck des Gesetzes bestätigt diese Wortlautinterpretation. § 4 Abs. 4a EStG 1999 beschränkt den Schuldzinsenabzug, wenn und soweit die Entnahmen die Summe von Gewinn und Einlagen in diesem Wirtschaftsjahr und in den Vorjahren übersteigen. § 4 Abs. 4a EStG 1999 stellt damit nicht auf einen entnahmebedingt entstandenen oder vergrößerten Liquiditätsmangel ab, sondern schränkt den Betriebsausgabenabzug ein, sofern die Summe der Entnahmen die Summe aus angesammelten Gewinnen und Einlagen, also das gesamte in der Bilanz ausgewiesenen Eigenkapital, übersteigt.
Praxishinweis
Mit diesem Urteil hat der BFH der Ansicht der Finanzverwaltung widersprochen, dass der Steuerpflichtige für die Berechnung der in den Veranlagungszeiträumen 1999 und 2000 nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbaren Schuldzinsen mit einem "Startkapital" von 0 DM beginnen müsse, auch wenn er am 1.1.1999 bzw. 31.12.1998 über ein positives, aus akkumulierten Gewinnen und die Entnahmen übersteigenden Einlagen gebildetes Buchkapital verfügte. Wie bei einem am 1.1.1999 bzw. 31.12.1998 vorhandenen negativen Buchkapital zu verfahren ist, musste der BFH im Besprechungsurteil nicht entscheiden. Er konnte überdies offen lassen, ob für Veranlagungszeiträume ab 2001 im Hinblick darauf etwas anderes gilt, dass der Gesetzgeber in § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2001 die Nichtberücksichtigung der in den vor dem 1.1.1999 endenden Wirtschaftsjahren getätigten Über- und Unterentnahmen ausdrücklich angeordnet hat.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 21.9.2005, X R 47/03