Leitsatz (amtlich)

Bei der Ermittlung des Zeitwerts eines Gebäudes gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 DMBilG sind auch Wertminderungen wegen Zurückbleibens hinter dem technischen Fortschritt und wegen sonstiger Umstände zu berücksichtigen. Die Schätzung des Zeitwerts einschließlich der Wahl der dabei angewendeten Schätzmethode ist dem Bereich der Tatsachenfeststellung zuzuordnen, die dem Finanzgericht obliegt. Abweichungen von einer zugrunde gelegten anerkannten Schätzmethode bedürfen gleichwohl der Begründung.

 

Sachverhalt

Die Kläger sind Miteigentümer verschiedener im ehemaligen Ostteil von Berlin belegener Mietwohn- und Garagengrundstücke sowie eines Werkstattgebäudegrundstücks. Für das Streitjahr 1990 machten die Kläger für das 2. Halbjahr im Rahmen ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Mietwohngrundstücke Absetzungen von 50 504 DM und für die Garagengrundstücke von 10 661 DM geltend. Dabei gingen sie vom Zeitwert gemäß § 52, § 10 und § 7 DMBilG vom 28.7.1994[1] aus. Dem folgte das Finanzamt nicht. Es setzte Absetzungen von lediglich 22 605 DM an. Das FG gab der Klage, mit der die Gewährung einer Absetzung von 54713 DM begehrt wurde, statt. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Gebäude und andere Bauten sind gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 DMBilG mit ihren Wiederherstellungs- oder Wiederbeschaffungskosten unter Berücksichtigung eines Wertabschlages für die zwischenzeitliche Nutzung, höchstens jedoch mit ihrem Zeitwert als dem Wert anzusetzen, "der ihnen beizulegen ist"[2]. Im Sinne eines strengen Niederstwertprinzips ist der Ansatz eines unter den Wiederherstellungs- oder Wiederbeschaffungskosten liegenden Zeitwerts zwingend; Zwischenwerte sind nicht zulässig. Bei der Ermittlung des Zeitwertes sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 DMBilG die bisherige Nutzung der Vermögensgegenstände und ihr Zurückbleiben hinter dem technischen Fortschritt durch einen Wertabschlag zu berücksichtigen. Der Katalog dieser wertmindernden Faktoren ist allerdings nicht abschließend. Die Berücksichtigung weiterer wertmindernder Umstände (beispielsweise mangelnde Rentabilität) ist möglich und vor dem Hintergrund des strengen Niederstwertprinzips ebenfalls zwingend. Diese Grundsätze gelten auch für die Bewertung von Gebäuden.

Im Rahmen dieser gesetzlichen Maßgaben ist die Schätzung des Zeitwerts dem Bereich der Tatsachenfeststellung zuzuordnen, die dem FG obliegt. Gleiches gilt für die Schätzmethode und die dabei zu berücksichtigenden wertbildenden Komponenten. An diese Tatsachenfeststellungen ist der BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden, soweit Denkgesetze und Erfahrungssätze nicht verletzt worden sind. Letzteres kann der Fall sein, wenn das FG bei seiner Wertermittlung von anerkannten Schätzmethoden abweicht. Derartige Abweichungen bedürfen somit der Erläuterung durch das FG.

Das FG hat von den Wiederherstellungskosten der Gebäude und Bauten dem Grunde nach zutreffend einen "Abschlag für Altersminderung" vorgenommen. Indessen lässt die Vorentscheidung nicht erkennen, ob das FG bei seiner Ermittlung des "Abschlags für Altersminderung" auch eine Wertminderung wegen des Zurückbleibens hinter dem technischen Fortschritt oder aufgrund sonstiger Umstände berücksichtigt hat. Die zusätzliche Berücksichtigung von Abschlägen für das Zurückbleiben hinter dem technischen Fortschritt oder aufgrund sonstiger Umstände gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 DMBilG ist, wie ausgeführt, zwingend und auch in 3.5.2.4 WertR 1976 und 3.6.5.1 WertR 1991 als Bestandteil des dort geregelten Sachwertverfahrens vorgesehen. Eine Abweichung davon hätte daher jedenfalls der Begründung durch das FG bedurft. Weiterhin lässt die Vorentscheidung nicht hinreichend erkennen, ob die Abschreibungssätze für die Gebäude und Bauten zutreffend angesetzt worden sind.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 27.3.2001 – I R 42/99

[1] BStBl I1994, S. 550

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