Leitsatz
Erpressungsgelder, die gezahlt werden, damit der Ehepartner nichts von einem außerehelichen Verhältnis erfährt, sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige unterhielt einige Monate lang ein intimes Verhältnis zu einer ehemaligen Hausgehilfin. Nach dem Ende dieser Beziehung wurde er von deren Freundin erpresst. Sie drohte, seiner herzkranken Ehefrau von dem Verhältnis zu erzählen. Der Steuerpflichtige entrichtete hierauf von 1994 bis 1997 insgesamt rund 190000 DM, um zu verhindern, dass seine Ehefrau von der außerehelichen Beziehung erfuhr. Nach dem Tod der Ehefrau zeigte er die Erpresserin an. Sie wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Rückforderungsansprüche gegen die Erpresserin verfolgte der Steuerpflichtige mangels Erfolgsaussicht nicht. Das Finanzamt lehnte für das Streitjahr 1996 den Abzug der in diesem Jahr gezahlten Erpressungsgelder von rund 58000 DM als außergewöhnliche Belastung ab. Das FG gab der Klage dagegen mit der Begründung statt, wegen der Herzkrankheit wären Leben und Gesundheit der Ehefrau gefährdet gewesen, wenn sie von der außerehelichen Beziehung erfahren hätte.
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf. Anspruch auf Solidarität der Gemeinschaft hat der Einzelne nur, wenn ihn die Steuerzahlung überfordert oder wenn die Aufwendungen einen Bereich der Lebensführung betreffen, der der individuellen Gestaltungsmöglichkeit des Einzelnen entzogen ist. Nicht unter § 33 EStG fallen daher Kosten, die einem Steuerpflichtigen als Folge seiner frei getroffenen Entscheidung zur Lebensgestaltung und -führung erwachsen. Folglich sind Erpressungsgelder nur dann als außergewöhnliche Belastung abziehbar, wenn der Steuerpflichtige nicht selbst die wesentliche Ursache für die Erpressung gesetzt hat, z.B. bei einer Erpressung allein aufgrund eines großen Vermögens, es sei denn, die Erpressung hätte z.B. durch Einschaltung der Polizei wirkungslos gemacht werden können.
Anders ist es, wenn der Steuerpflichtige selbst und ohne Zwang den Erpressungsgrund geschaffen hat, weil er sich strafbar oder sonst sozialwidrig verhalten oder gegen die von ihm selbst oder von ihm nahestehenden Personen für verbindlich anerkannten Verhaltensmaximen verstoßen hat und wenn er deshalb erpresst wird. Hier nimmt das eigene Verhalten des Steuerpflichtigen der Zahlung die Zwangsläufigkeit. Für den Streitfall lehnte der BFH eine Zwangslage ab. Schließlich hatte sich der Kläger aus freien Stücken auf das außereheliche Verhältnis eingelassen. Außerdem hätte er die Zahlungen durch eine Strafanzeige oder durch ein "Geständnis" gegenüber seiner Ehefrau vermeiden können. Dass diese herzkrank war und jede Aufregung vermieden werden musste, ließ der BFH nicht als Ausrede gelten. Hier hätte man durch ärztlichen Beistand entgegen wirken können.
Praxishinweis
Erpressungsgelder können sonach nur dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn der Erpresste nicht durch sein eigenes vorwerfbares Verhalten eine wesentliche Ursache für die Erpressung gesetzt hat. Als vorwerfbar in diesem Sinne sieht der BFH aber nicht nur strafbares oder sonst sozialwidriges Verhalten an, sondern auch den Verstoß gegen vom Steuerpflichtigen selbst oder von dem ihm nahestehenden Umfeld aufgestellte und anerkannte Prinzipien. Mit dem außerehelichen Verhältnis hat der Steuerpflichtige gegen diese Verhaltensmaximen verstoßen. Darauf, ob ihm mit Rücksicht auf den Gesundheitszustand seiner Ehefrau eine Anzeige oder ein "Geständnis" zumutbar gewesen wäre, kam es somit im Grunde nicht an, ebenso wenig, ob er die Rückforderungsansprüche gegen die Erpresserin mit ausreichendem Nachdruck verfolgt hat. Es bleibt allerdings die Frage, ob dem Steuerpflichtigen jeder Verstoß gegen solche Verhaltensmaximen als vorwerfbares Verhalten angelastet werden kann.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 18.3.2004, III R 31/02