Leitsatz
- Bei einer Betriebsaufgabe ist der Wert des Betriebsvermögens wie bei der Betriebsveräußerung durch eine Bilanz zu ermitteln (§16 Abs.2 Satz2 i.V.m. Abs.3 Satz1 EStG). Diese Aufgabebilanz ist auch bei einer zeitlich gestreckten Betriebsaufgabe einheitlich und umfassend auf einen bestimmten Zeitpunkt zu erstellen. Das ist zweckmäßigerweise der Zeitpunkt der Beendigung der betrieblichen Tätigkeit, zu dem die Schlussbilanz zur Ermittlung des laufenden Gewinns aufzustellen ist. Unabhängig von der sachlichen Zuordnung zeitlich gestreckter Aufgabehandlungen zum Betriebsaufgabegewinn durch Aufnahme in die Aufgabebilanz bestimmt sich der Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung für die einzelnen Aufgabevorgänge (Veräußerung oder Überführung ins Privatvermögen) nach allgemeinen Gewinnrealisierungsgrundsätzen.
- Eine (Folge-)Änderung nach §174 Abs.4 AO setzt weder voraus, dass mit der (Ausgangs-)Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen dessen Antrag entsprochen wurde, noch dass die Auswirkungen der Änderung zugunsten und der Änderung zuungunsten des Steuerpflichtigen einander aufheben. Ein Verböserungshinweis ist auch dann nicht erforderlich, wenn die Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen im Ergebnis zu einer steuerlichen Mehrbelastung durch die Folgeänderung führt.
Sachverhalt
Der Kläger betrieb bis 31.12.1991 eine Gärtnerei auf einer Fläche von 66544qm, wovon 1977qm auf ein selbstgenutztes Zweifamilienhaus entfielen. Der Gewinn der Gärtnerei wurde nach §4 Abs.1 EStG ermittelt. Zum 1.7.1989 überführte der Kläger das Zweifamilienhaus steuerfrei ins Privatvermögen. Nachdem er erfolglos einen Rechtsanwalt mit der "diskreten Vermarktung" der Gärtnereiflächen beauftragt hatte, veräußerte er sie im Juni 1990. Der zunächst vorgesehene Übergabetermin wurde auf den 31.3.1992 hinausgeschoben und der Kaufpreis auf 380DM/qm erhöht. Im Dezember 1991 entließ der Kläger seine Arbeitnehmer, legte die Gärtnerei still und verkaufte seinen Marktstand, über den er seine Produkte ausschließlich vertrieben hatte. Dies teilte er dem Finanzamt mit Schreiben vom 23.12.1991 mit. Ergänzend äußerte er im Schreiben vom 30.3.1992, seinen Betrieb zum 31.12.1991 "endgültig" eingestellt zu haben, und fügte eine Abmeldungserklärung bei. Im März 1992 wurde der Kaufpreis hinterlegt und die Nutzungen und Lasten gingen auf den Erwerber über.
Mit der Einkommensteuererklärung 1991 wurde eine Aufgabebilanz auf den 31.12.1991 vorgelegt und neben einem laufenden Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft ein Aufgabegewinn von 22,4 Mio.DM erklärt. Dabei wurde vom Gesamtkaufpreis ein gutachtlicher Gebäudewert von 950000DM abgesetzt und als steuerfreier Veräußerungserlös für das private Wohngrundstück behandelt. Nachdem das Finanzamt den erklärten Aufgabegewinn zunächst im Jahr 1991 erfasst hatte, änderte es den Einkommensteuerbescheid 1991 mit der Begründung, der Gebäudewert sei nicht mit 950000DM, sondern mit dem Buchwert von 26008DM im Kaufpreis enthalten, weil der Erwerber den Abriss beabsichtigt habe. Später änderte das Finanzamt den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1991 und ließ den gesamten Aufgabegewinn sowie den auf die Monate Januar bis März 1992 entfallenden laufenden Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft unberücksichtigt. Zugleich wurden diese Gewinne gemäß §174 Abs.4 AO im geänderten Einkommensteuerbescheid 1992 erfasst, weil das Finanzamt nun von einer Betriebsveräußerung im Jahr 1992 ausging. Auch der unter Nachprüfungsvorbehalt bekannt gegebene Einkommensteuerbescheid 1993 wurde geändert, weil die ursprünglich darin als nachträgliche Betriebsausgaben berücksichtigten Gutachter- und Anwaltskosten bereits bei der Ermittlung des Aufgabegewinns im Jahr 1992 abgesetzt worden waren. Die Beteiligten erklärten dann die den Einkommensteuerbescheid 1991 betreffenden Verfahren übereinstimmend für erledigt. Der Klage gegen die Änderungsbescheide 1992 und 1993 gab das FG nur teilweise statt. Dagegen richtet sich die Revision.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH ist der Gewinn aus der Veräußerung der Gärtnereiflächen zutreffend im Jahr 1992 als Teil eines Betriebsaufgabegewinns zu versteuern, weil der Kläger seine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit im Dezember 1991 endgültig eingestellt und seinen Marktstand, über den er seine Erzeugnisse ausschließlich umgesetzt hatte, als wesentliche Betriebsgrundlage veräußert hat.
Erstrecken sich die Aufgabevorgänge über einen längeren Zeitraum, ist die Aufgabebilanz gleichwohl einheitlich und umfassend auf einen bestimmten Zeitpunkt zu erstellen, weil der Wert des aufgegebenen Betriebsvermögens nach §16 Abs.2 Satz2 i.V.m. Abs.3 Satz1 EStG für den Zeitpunkt der Aufgabe zu ermitteln ist. Insoweit ist zweckmäßigerweise auf den Zeitpunkt der Beendigung der betrieblichen Tätigkeit und nicht auf den Zeitpunkt der jeweiligen Aufgabehandlung abzustellen. Dabei ist eine Schlussbilanz aufzustellen, die zugleich die verbindlichen Ausgangswerte zur Ermittlung des Aufgabegewinns enthält. Die danach dem Aufgabegewinn zuzurechn...