Leitsätze (amtlich)
- Die für die Bewertung im Ertragswertverfahren notwendige Anzahl vermieteter Objekte einer bestimmten Gruppe von Grundstücken muss zum Hauptfeststellungszeitpunkt vorhanden gewesen sein.
- Die Voraussetzungen des § 76 Abs. 3 Nr. 2 BewG sind dann erfüllt, wenn ein Geschäftsgrundstück so gestaltet ist, dass es zu den Zwecken der in Frage stehenden Gruppe von Geschäftsgrundstücken, für die eine übliche Miete nicht geschätzt werden kann, objektiv verwendbar ist. Ein im Sachwertverfahren zu bewertendes Grundstück für Bank- und Kreditinstitute liegt demnach dann vor, wenn das Grundstück objektiv so gestaltet ist, dass es zur Abwicklung des üblichen Bankgeschäfts mit Kunden verwendet werden kann.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Sparkasse, erwarb 1988 und 1990 zwei nebeneinander liegende Grundstücke, auf denen sie in der Folgezeit ein gewerblich nutzbares Gebäude errichtete. 1991 teilte sie dieses in zwei Teileigentumseinheiten auf. Im Erd- und Untergeschoss des Gebäudes (Teileigentum Nr. 1) unterhält die Klägerin eine Geschäftsstelle. Der für den Publikumsverkehr zugängliche Bereich ist im Erdgeschoss untergebracht. Er besteht aus einer ca. 183 qm großen Schalterhalle und einem Besprechungszimmer. Im Untergeschoss, das über eine Treppe aus der Schalterhalle zugänglich ist, befindet sich neben den Technik- und Sozialräumen ein als massives Bauwerk ausgestalteter und aus Spezialbeton errichteter Tresorraum mit Kundenschließfächern und einem Metallschrank für den Bargeldbestand. Für das Teileigentum Nr. 1 nahm das Finanzamt auf den 1.1.1993 eine Art- und Wertfortschreibung vor, wobei es die Grundstücksart "Geschäftsgrundstück" und den Einheitswert auf 224 000 DM feststellte. Den Grundstückswert ermittelte das Finanzamt im Sachwert verfahren. Mit der Klage begehrte die Klägerin, das Ertrags wertverfahren anzuwenden. Die Klage vor dem FG hatte Erfolg. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.
Entscheidungsgründe
Zu Unrecht hat das FG angenommen, der Wert des Grundstücks sei nach § 76 BewG im Ertragswertverfahren zu ermitteln. Nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 BewG ist der Wert von Geschäftsgrundstücken grundsätzlich im Ertrags wertverfahren zu ermitteln. Nach § 76 Abs. 3 Nr. 2 BewG ist das Sachwert verfahren jedoch anzuwenden bei solchen Gruppen von Geschäftsgrundstücken und in solchen Einzelfällen bebauter Grundstücke, für die weder eine Jahresrohmiete ermittelt noch die übliche Miete geschätzt werden kann. Für die Frage, ob ein Grundstück zu einer Gruppe gehört, die nach dem Sachwertverfahren zu bewerten ist, kommt es entscheidend darauf an, ob die Gruppe die für die Bewertung im Ertragswertverfahren erforderliche Zahl vermieteter Objekte gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung aufweist. Nur dann können sich die Verhältnisse der Gruppe auf die gesetzliche Gestaltung des Ertragswertverfahrens, insbesondere die Gestaltung der Vervielfältiger, ausgewirkt haben. Die Zahl vermieteter Objekte muss deshalb so groß sein, dass die daraus abgeleitete Miete als regelmäßig gezahlte gesichert ist. Die Vermietungsfälle müssen überdies über das Bundesgebiet so verteilt sein, dass es jedem Finanzamt möglich ist, die Bewertung eigenverantwortlich durchzuführen. Die für eine Bewertung im Ertragswertverfahren notwendige Anzahl vermieteter Objekte muss zum Hauptfeststellungszeitpunkt vorhanden gewesen sein.
Die Aufstellung in Abschn. 16 Abs. 6 und 7 BewRGr über die im Sachwertverfahren zu bewertenden Gruppen von Geschäftsgrundstücken gibt einen Erfahrungssachverhalt wieder, den die Gerichte ihren Entscheidungen grundsätzlich ohne weitere Sachverhaltserforschung zugrunde legen können. Ihm kommt die Bedeutung eines Beweises des ersten Anscheins zu. Zu den Geschäftsgrundstücken i.S. des § 76 Abs. 3 Nr. 2 BewG, für die weder eine Jahresrohmiete ermittelt noch die übliche Miete nach § 79 Abs. 2 BewG geschätzt werden kann, gehören danach Grundstücke für Bank- und Kreditinstitute. Allerdings fällt nicht jedes Grundstück eines Kreditinstituts in den Anwendungsbereich des Sachwertverfahrens. Nicht jede Betätigung der Kreditinstitute erfordert eine sich von anderen Geschäftsgrundstücken unterscheidende Gestaltung des Gebäudes. Dieses Erfordernis besteht vielmehr nur für die bankenspezifischen Betätigungen. Zu ihnen gehört die Abwicklung des üblichen Kundengeschäfts. Ist ein Grundstück auf diesen bankenspezifischen Zweck zugeschnitten, ist es im Sachwertverfahren zu bewerten. Entgegen der Auffassung des FG ist es dagegen nicht Voraussetzung, dass eine andere Nutzung als zu bankenspezifischen Zwecken aufgrund der Gestaltung des Gebäudes ausgeschlossen ist.
Die Sache ist spruchreif. Das FG hat keine Umstände festgestellt, noch sind solche ersichtlich, die den Schluss zuließen, dass abweichend von der Zuordnung durch die Verwaltung in Abschn. 16 Abs. 6 BewRGr im gesamten Bewertungsgebiet zum Hauptfeststellungszeitpunkt eine hinreichende Zahl vermieteter Grundstücke für Bank-...