Leitsatz (amtlich)

Grundbesitz einer gewerblich geprägten Personengesellschaft dient i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG dem Gewerbebetrieb des an der Gesellschaft beteiligten Lebensversicherungsunternehmens, wenn er zugunsten des Deckungsstock-Treuhänders im Grundbuch gesperrt ist und die Anteile an der Personengesellschaft in das Deckungsstockverzeichnis aufgenommen worden sind.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GbR, deren Gesellschafter die L-Lebensversicherung AG (L) und eine Bau- und Grundstücksverwaltungs-GmbH sind. Beide Gesellschafter sind 100 %-ige Töchter der A-Holding AG. Die Klägerin verfügt über zahlreiche Grundstücke, die von den Gesellschaftern gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht worden sind. Die Einbringung der Grundstücke war vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) widerruflich unter Auflagen gestattet worden. Alle eingebrachten und noch einzubringenden Grundstücke mussten deckungsstockfähig sein und im Grundbuch zugunsten des Deckungsstock-Treuhänders gesperrt werden. Auch die Anteile der L an der Klägerin waren zugunsten des Deckungsstock-Treuhänders zu sperren. Die L musste über die Grundstücke so zügig verfügen können wie über eigenes Vermögen. Grundstücke durften nur mit Zustimmung der L erworben oder veräußert werden, die ihrerseits die Grundsätze des BAV zu beachten hatte. Über ihre Gesellschaftsanteile durfte die L nur mit Zustimmung des Deckungsstock-Treuhänders verfügen. Die Beteiligung an der Klägerin wurde unter dem Posten "Anteile an verbundenen Unternehmen" in der Bilanz der L ausgewiesen. Außerdem nahm die L die Beteiligung in das nach dem VAG aufzustellende Deckungsstockverzeichnis auf. Das Finanzamt versagte der Klägerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Klage[1] und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Zwar sind die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfüllt, jedoch ist die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG ausgeschlossen. Die erweiterte Kürzung wird nach dieser Norm nicht gewährt, wenn der Grundbesitz ganz oder teilweise dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient. Der Gesetzgeber sieht in diesem Fall die Voraussetzungen für eine Begünstigung des Grundstücksunternehmens nicht mehr als gegeben an, weil bei einer Nutzung des Grundstücks im Gewerbebetrieb des Gesellschafters ohne Zwischenschaltung eines weiteren Rechtsträgers die Grundstückserträge in den Gewerbeertrag einfließen und damit der GewSt unterliegen würden[2].

So verhält es sich hier. Grundbesitz "dient" dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters nicht nur dann, wenn er von diesem aufgrund eines Miet- oder Pachtvertrages genutzt wird. Es genügt vielmehr, dass der Grundbesitz den betrieblichen Zwecken des Gesellschafters "dient"[3] bzw. ihm "von Nutzen" ist[4]. Daraus hat der Senat gefolgert, dass Grundbesitz (Miteigentumsanteile), der zum Deckungsstock eines Lebensversicherungs-Unternehmens gehört, dessen Gewerbebetrieb i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG dient, wenn er im Rahmen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft mit den Miteigentumsanteilen anderer Versicherungsunternehmen gemeinschaftlich verwaltet wird[5]. Denn ungeachtet der Beschränkungen, die sich für das zum Deckungsstock gehörende Vermögen aus den §§65 bis 78 VAG ergeben, gehören die Bestände des Deckungsstocks grundsätzlich zum Betriebsvermögen der Versicherungsunternehmen. Sie dienen den Zwecken der Versicherungsunternehmen in besonderer Weise, weil sie ihnen die Aufrechterhaltung des Versicherungsbetriebs ermöglichen[6].

An dieser Beurteilung hält der Senat fest. Sie gilt in gleicher Weise im hier zu beurteilenden Fall, in dem zum Bestand des Deckungsstocks nicht die Grundstücke selbst, sondern nur die Gesellschaftsanteile an der Grundstücksgesellschaft gehören[7].

Der Klägerin steht auch die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG nicht zu. Zweck dieser Vorschrift ist es, eine doppelte Erfassung des Grundbesitzes mit Grundsteuer einerseits und GewSt andererseits zu verhindern. Da die Klägerin sämtlichen Grundbesitz erst im Laufe des Streitjahres erworben hat, war im Wege der Zurechnungsfortschreibung für die Klägerin ein Einheitswert erst auf den 1.1. des Folgejahres und damit nach Ablauf des Erhebungszeitraums festzustellen. Einen für die Kürzung maßgeblichen Einheitswert gibt es dementsprechend nicht, so dass die Voraussetzungen für eine Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG nicht vorliegen. Für diese Kürzung besteht auch kein Bedürfnis; denn mangels Zurechnung auf die Klägerin schuldete sie in diesem Erhebungszeitraum keine Grundsteuer und war dementsprechend nicht mit Realsteuern doppelt belastet.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 17.1.2002 – IV R 51/00

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