Leitsatz
Vorab entstandene Werbungskosten können auch bei einem im Anschluss an das Abitur durchgeführten Hochschulstudium anzuerkennen sein.
Sachverhalt
Ein 1982 geborener Steuerpflichtiger begann nach Abitur und Zivildienst im Oktober 2003 mit einem wirtschaftswissenschaftlichen Studium, um als angestellter Diplom-Ökonom Einkünfte zu erzielen. Von den bei der Veranlagung 2003 als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen für das Universitätsstudium in Höhe von 3327 EUR berücksichtigte das Finanzamt nur 920 EUR als Sonderausgaben und lehnte gleichzeitig die Feststellung eines Verlustvortrags ab. Das FG sah die Aufwendungen dem Grunde nach als vorab entstandene Werbungskosten an und gab der Klage teilweise statt, indem es einen Verlustvortrag auf 1118 EUR feststellte. Die Revision hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen sind Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben, wenn sie unselbständigen oder selbständigen Erwerbszwecken dienen. Ist dies der Fall, kommt es nicht darauf an, ob eine Qualifizierung im ausgeübten Beruf, eine Umschulung oder eine erstmalige Ausbildung bezweckt wird. Nach diesen in gefestigter Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen kann – bisher noch nicht entschieden – auch ein erstmaliges Studium zu Werbungskosten führen, da nicht zwischen einer akademischen und einer nicht akademischen Ausbildung zu unterscheiden ist. Im Streitfall hat das FG den Erwerbszusammenhang in vertretbarer Würdigung der angestrebten Tätigkeit als Diplom-Ökonom entnommen, da das Studium Berufswissen vermittelt und – wie eine Bildungsmaßnahme, die einer Berufsausbildung dient – regelmäßig auf die Erzielung von steuerbaren Einnahmen gerichtet ist. Der berufliche Veranlassungszusammenhang fehlt zwar, wenn "gleichsam ins Blaue hinein" oder aus privaten Interessen studiert wird, während nicht erforderlich ist, dass das Studium bereits auf eine konkrete berufliche Tätigkeit zugeschnitten ist. Da die Höhe der Aufwendungen nicht strittig ist, konnte der BFH das FG abschließend bestätigen.
Praxishinweis
Da § 12 Nr. 5 EStG in der Fassung des AO-Änderungsgesetzes ab 2004 den Abzug von Erwerbsaufwendungen bei einer Erstausbildung bzw. einem Erststudium grundsätzlich ausschließt, sind Aufwendungen wie die des Streitfalls nur noch im Rahmen des Höchstbetrags von 4000 EUR nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Ob für die Zeit bis 2003 Aufwendungen für ein Erststudium mit "exotischen" Fächern zu Erwerbsaufwendungen führen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, etwa dem Alter des Studenten, der Art und Weise der Durchführung, den Perspektiven und persönlichen Umständen.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 20.7.2006, VI R 26/05