Die EU-Taxonomie tritt Ende Dezember 2021 in Kraft und kann am 1.1.2022 erstmals angewendet werden. Die Mitgliedstaaten haben den delegierten Rechtsakt, der die Details für nachhaltige (Immobilien-)Investitionen regelt, stillschweigend angenommen. Kriterien sind auch für den Gebäudesektor definiert.
Mehr als 3 Jahre wurde an ihr gefeilt, nun ist es soweit: Mit Veröffentlichung des delegierten Rechtsakts am 8.12.2021 tritt die EU-Taxonomie-Verordnung als Baustein des sog. European Green Deals am 29.12.2021 in Kraft und kann am 1.12022 erstmals angewendet werden – allerdings zunächst nur ein Teil davon. Darin wird definiert, ob Unternehmen "nachhaltig ökologisch" wirtschaften und unter welchen Voraussetzungen Kapitalanlagen mit den Klimazielen der Europäischen Union kompatibel sind.
Eine verstärkte qualifizierte Mehrheit der Mitgliedsstaaten hätte den Vorschlag für den entscheidenden Rechtsakt im Ministerrat ablehnen können. Doch sie ließen die Frist verstreichen. Damit sind die Kriterien angenommen und die Taxonomie wird verpflichtend, wenn Unternehmen über Nachhaltigkeit berichten oder grüne Finanzprodukte auflegen.
Immobilienbranche fordert mehr Anreize für Taxonomie-Konformität
"Wir begrüßen, dass der Gebäudesektor als einer von insgesamt 9 Wirtschaftssektoren mit entsprechenden Taxonomie-Kriterien definiert wurde. Das unterstreicht die Relevanz bei der Erreichung der Klimaziele und bestätigt die gesamtgesellschaftliche Verantwortung, die wir als Immobilienwirtschaft tragen", sagte Jochen Schenk, Vizepräsident des Zentralen Immobilien Ausschusses ZIA. "Die Finalisierung der Klimaschutztaxonomie ist ein Meilenstein in der Sustainable-Finance-Gesetzgebung."
Kapitalverwaltungsgesellschaften, Banken und Bestandshalter würden mit Hochdruck daran arbeiten, die Kriterien anwendbar zu machen. Allerdings seien die Vorgaben teils voller offener Fragen und Ungereimtheiten – angesichts der hohen Anforderungen und mangels verfügbarer Daten wären derzeit zudem nur wenige Gebäude in der Lage, die Taxonomie-Konformität herzustellen, so der ZIA-Vize: "Hier muss es Nachbesserungen geben, damit die Taxonomie die Anreize für die Umlenkung der Finanzströme in nachhaltige Investitionen wirksam entfalten und die enormen Einsparungspotenziale gerade im Altbestand auch tatsächlich ausschöpfen kann."
ESG-Offenlegungspflicht: Wie transparent soll es sein?
Am 10.3.2021 war im ersten großen Schritt die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) – auch "Offenlegungsverordnung" genannt – in wesentlichen Teilen (Level 1) im Rahmen der ESG-Regulierung – "Environmental" (Umwelt), "Social" (Soziales), "Governance" (Unternehmensführung) – in Kraft getreten.
Das Reporting von ESG-Nachhaltigkeitskriterien wurde mit diesem Tag verpflichtend; auch für Player der Immobilienbranche. Die Ausführungsbestimmungen orientieren sich an einem nachhaltigen Handeln und berücksichtigen dabei Aspekte wie den Klimawandel oder die Umweltverschmutzung ebenso wie soziales Engagement, Compliance und den Anlegerschutz.
Umgesetzt werden muss die Verordnung auch von Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG), damit wird das ESG-Reporting unter anderem für Immobilienfondsmanager verpflichtend. Sie müssen offenlegen, inwiefern sie ESG-Merkmale oder ESG-Ziele erfüllen oder nachhaltige Risiken berücksichtigen.
Die Finanzmarktteilnehmer müssen die Vorgaben selbst erfüllen. Bei Immobilienfonds zum Beispiel sind grundsätzlich an 3 Stellen Angaben zur Nachhaltigkeit zu machen: In Verkaufsprospekten, in Jahresberichten und auf der Homepage der KVG. Anleger sollen sich so schon vor der Anlageentscheidung ein Bild machen können, welche Folgen die Investition für Klima, Soziales und Unternehmensführung hat.
Wann ist ein Investment nachhaltig im Sinne der Taxonomie?
Die gesamte EU-Verordnung über die Offenlegung von Informationen über nachhaltige Investitionen und Nachhaltigkeitsrisiken sollte eigentlich schon ab dem 10.3.2021 gelten – doch es hakte noch bei den technischen Evaluierungskriterien (Level 2) für die Klimaschutzziele der Taxonomie-Verordnung. Weil es viel Kritik von Wissenschaftlern aus mehreren EU-Ländern gab, musste die Version vom 20.11.2020 nachgebessert werden.
Laut ZIA-Vizepräsident Schenk gab es Verbesserungen etwa im Bereich der Kriterien für Bestandsgebäude. Künftig kommen als Alternative zu einem ausgewiesenen Energy Performance Rating (EPC) der Klasse A auch Gebäude in Frage, die im Hinblick auf ihren Primärenergiebedarf zu den "Top 15 %" des nationalen oder regionalen Gebäudebestands zählen. Die Kriterien für den Neubau wurden entschärft: Der Primärenergiebedarf von 20 % unterhalb der nationalen Vorgaben für Niedrigenergiegebäude wurde auf 10 % abgesenkt.
Der nun angenommene delegierte Rechtsakt wurde nach langer Debatte am 21.4.2021 vorgelegt. Damit können weitreichende Anforderungen der EU-Taxonomie umgesetzt werden. Die Taxonomie selbst trat bereits am 12.7.2020 in Kraft. Kern ist ein 600 Seiten starker Bericht der technischen Expertengruppe (TEG), de...