Leitsatz

Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

  1. Liegt eine "Übertragung" eines Gesamtvermögens i.S. v. Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL vor, wenn ein Unternehmer den Warenbestand und die Geschäftsausstattung seines Einzelhandelsgeschäfts an einen Erwerber übereignet und ihm das in seinem Eigentum stehende Ladenlokal lediglich vermietet?
  2. Kommt es dabei darauf an, ob das Ladenlokal durch einen auf lange Dauer abgeschlossenen Mietvertrag zur Nutzung überlassen wurde oder ob der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit läuft und von beiden Parteien kurzfristig kündbar ist?
 

Sachverhalt

K betrieb in dem in ihr gehörenden Ladenlokal einen Einzelhandel. Sie veräußerte im Streitjahr 1996 den Warenbestand für 400.000 DM und die Ladeneinrichtung für 55.000 DM an eine GmbH. Das Ladenlokal vermietete sie auf unbestimmte Zeit unter Vereinbarung der gesetzlichen Kündigungsfristen an die GmbH. K behandelte den Vorgang als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen. Da Finanzamt hielt die Veräußerung für steuerpflichtig, da das Grundstück als wesentliche Geschäftsgrundlage nicht veräußert worden sei. Das FG gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Nach § 1 Abs. 1a UStG unterliegen Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt insbesondere dann vor, wenn ein Unternehmen im Ganzen

(un)entgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die (un)entgeltliche Übertragung des Gesamtvermögens so behandeln können, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt. Der BFH hat eine Geschäftsveräußerung im Ganzen auch dann angenommen, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen nicht veräußert, aber dem Unternehmer langfristig zu Nutzung überlassen werden und eine dauerhafte Fortführung des Unternehmens durch den Unternehmer gewährleistet ist. Laut EuGH erfasst Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL die Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder selbstständigen Unternehmensteils, die jeweils materielle und ggf. immaterielle Bestandteile umfassen, die zusammengenommen ein Unternehmen bilden, mit dem eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann; er schließt jedoch nicht die bloße Übertragung von Gegenständen wie den Verkauf eines Warenbestands ein. Die bisherige Rechtsprechung des BFH zur Geschäftsveräußerung, die bei der Zurückbehaltung von wesentlichen Geschäftsgrundstücken durch den Veräußerer danach differenziert, ob diese Betriebsgrundlagen langfristig an den Erwerber vermietet werden oder nicht, wirft die aus dem Leitsatz ersichtlichen Fragen auf.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 14.07.2010, XI R 27/08.

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