Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
Der Einsatz eines Arbeitnehmers auf einem Fahrzeug auf dem Betriebsgelände bzw. unter Tage im Bergwerk des Arbeitgebers stellt keine "Fahrtätigkeit" (Auswärtstätigkeit) i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG dar.
Sachverhalt
Der Kläger arbeitete als Großgerätefahrer in einem Kalibergwerk und beförderte dort Material. Das Bergwerk hat eine unterirdische Ausdehnung von 6 km x 16 km. Von 4 Zugängen wurde nur ein Schacht genutzt. Der Grubenbetrieb ist in 3 Großreviere aufgeteilt, die wiederum in Gewinnungsreviere untergliedert sind. Die Großreviere haben zwar Stammbelegschaften; entsprechend den betrieblichen Erfordernissen konnten die Mitarbeiter indessen an jeder Stelle der Grube eingesetzt werden. Die Mitarbeiter konnten während der Schichtpause entweder unter Tage mitgebrachte Verpflegung verzehren oder vor oder nach der Schicht die werkseigene Kantine über Tage aufsuchen.
Der Kläger machte Mehraufwendungen für Verpflegung für 160 Tage als Werbungskosten unter Hinweis auf seine Fahrtätigkeit geltend. Nachdem das Finanzamt dies abgelehnt hatte, gab das FG der dagegen erhobenen Klage statt. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.
Entscheidung
Der Abzug von Verpflegungsmehraufwand setzt eine Auswärtstätigkeit voraus. Diese liegt vor, wenn der Arbeitnehmer
- vorübergehend von seiner Wohnung und dem ortsgebundenen Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit (Tätigkeitsmittelpunkt) entfernt beruflich tätig wird oder
- typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug eingesetzt wird, er also über keinen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt seiner beruflichen Tätigkeit verfügt.
Andernfalls vermutet das Gesetz typisierend, dass er sich am Betriebssitz oder an anderen ortsfesten betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers regelmäßig kostengünstig verpflegen kann.
Für den Streitfall war damit entscheidend, ob das Untertageabbaugebiet noch die Voraussetzungen für eine Arbeitsstätte erfüllt. Nachdem der BFH bereits entschieden hat, dass auch ein größeres Werksgelände oder ein Waldgebiet eine großräumige (regelmäßige) Arbeitsstätte oder einen Tätigkeitsmittelpunkt darstellen kann, ging er auch für die Tätigkeit unter Tage von einem Tätigkeitsmittelpunkt aus. Der Kläger war damit auf seinem Fahrzeug nur innerhalb einer großräumigen (regelmäßigen) Arbeitsstätte tätig; er übte insbesondere keine "Fahrtätigkeit" aus.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 18.6.2009, VI R 61/06.