Das steht im Urteil
- Eine Bildungseinrichtung ist nicht als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen, auch wenn diese häufig über einen längeren Zeitraum hinweg zum Zwecke eines Vollzeitunterrichts aufgesucht wird (Änderung der Rechtsprechung in BFH-Urteilen v. 10.4.2008, VI R 66/05, BStBl 2008 II S. 825, und v. 22.7.2003, VI R 190/97, BStBl 2004 II S. 886).
- Aufwendungen eines Zeitsoldaten für Fahrten zur Ausbildungsstätte, die im Rahmen einer vollzeitigen Berufsförderungsmaßnahme anfallen, sind deshalb nicht mit der Entfernungspauschale, sondern in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen.
- Eine Hochschule (Universität) ist nicht als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen, auch wenn diese häufig über einen längeren Zeitraum hinweg zum Zwecke eines Vollzeitstudiums aufgesucht wird (Änderung der Rechtsprechung in BFH-Urteilen v. 10.4.2008, VI R 66/05, BStBl 2008 II S. 825 und v. 22.7.2003, VI R 190/97, BStBl 2004 II S. 886).
- Fahrtkosten von Studentinnen und Studenten zur Hochschule (Universität) sind deshalb nicht mit der Entfernungspauschale, sondern in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Der Sachverhalt
Im Verfahren
- VI R 42/11 bezog S bis Juni 2009 als Zeitsoldat Arbeitslohn. Ihm wurde eine Ausbildung als Ingenieur in einer Schule in B genehmigt. S machte für 2009 als Fortbildungskosten u.a. 6.452 EUR für Fahrten zwischen Wohnung und Schule geltend.
- VI R 44/10 hatte K ein Studium als Diplom-Sozialpädagogin absolviert. Sie wurde 2005 arbeitslos und begann darauf ein Lehramtsstudium, das sie 2009 abschloss. K machte für das Zweitstudium vorab entstandene Werbungskosten für Fahrten zur Hochschule geltend.
In beiden Verfahren wurden die Fahrtkosten von den Steuerpflichtigen nach Dienstreisegrundsätzen ermittelt. Finanzamt und FG setzten jeweils nur die Entfernungspauschale an. Dem folgte der BFH nicht.
Die Entscheidung des BFH
Anders als nach bisheriger Rechtsprechung sind Fortbildungseinrichtungen nicht mehr als regelmäßige Arbeitsstätten anzusehen, sodass Kosten für Fahrten dorthin nach allgemeinen Grundsätzen in tatsächlich entstandener Höhe als Werbungskosten abziehbar sind.
Die neue, rückwirkend ab 2004 geltende Rechtslage stand dem Werbungskostenabzug der Berufsausbildungskosten in beiden Fällen nicht entgegen. S hatte als Berufssoldat, K als Diplom-Sozialpädagogin bereits eine erste Berufsausbildung absolviert. Daher ging es jeweils nur um die Höhe der abziehbaren Fahrtkosten. Das objektive Nettoprinzip ist insoweit eingeschränkt, als Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte nur mittels Entfernungspauschale abziehbar sind. Da sich ein Arbeitnehmer nur auf eine Arbeitsstätte einrichten kann, indem er die immer gleichen Wege und Beförderungsmöglichkeiten wählt, um so seine Wegekosten zu mindern, besteht eine sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip.
Auf dieser Basis können Bildungseinrichtungen keine regelmäßigen Arbeitsstätten sein, selbst wenn sie über längere Zeit aufgesucht werden. Denn insoweit gilt der Rechtsgedanke, dass eine Bildungsmaßnahme regelmäßig vorübergehend, nicht auf Dauer angelegt ist und es deshalb bei typisierender Betrachtung nicht möglich ist, Wegekosten gering zu halten.
Hinweis
Als Konsequenz der typisierenden Betrachtung kommt es nicht darauf an, dass der Steuerpflichtige für die Ausbildungszeit individuelle Kosteneinsparungs-Maßnahmen hätte ergreifen können. Der BFH stützt sich zudem darauf, dass eine regelmäßige Arbeitsstätte nur im Rahmen bezahlter Arbeit in Betracht kommt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 9.2.2011, VI R 42/11