Leitsatz
Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass ein Verzögerungsgeld auch verhängt werden kann, wenn ein Steuerpflichtiger einer Aufforderung des Finanzamts zur Erteilung von Auskünften oder zur Vorlage von Unterlagen im Rahmen einer Außenprüfung nicht fristgerecht nachkommt. Es bestehen indes ernstliche Zweifel, ob eine mehrfache Festsetzung eines Verzögerungsgelds wegen fortdauernder Nichtvorlage derselben Unterlagen zulässig ist.
Sachverhalt
Während einer Außenprüfung forderte das Finanzamt von X zweimal erfolglos bestimmte Unterlagen und einen Datenträger an. Darauf setzte es eine einwöchige Frist und drohte für den Fall nicht fristgerechter Vorlage ein Verzögerungsgeld von 2.500 EUR an. Nachdem nur der Datenträger vorgelegt wurde, setzte das Finanzamt ein Verzögerungsgeld von 2.500 EUR fest. Hiergegen wehrte sich X erfolglos per Einspruch. Das Finanzamt erließ 4 Wochen nach dem ersten Bescheid eine erneute Aufforderung zur Vorlage der Unterlagen mit einer einwöchigen Frist unter erneuter Androhung eines Verzögerungsgelds. Nach Fristablauf wurde ein zweites Verzögerungsgeld von nun 3.000 EUR festgesetzt. Hiergegen erhob X Sprungklage und beantragte beim FG die Aussetzung der Vollziehung beider Bescheide. Während des Verfahrens ersetzte das Finanzamt beide Bescheide, hielt an den Verzögerungsgeldern fest und erläuterte umfassend seine Ermessenserwägungen. Das FG setzte die Vollziehung beider Bescheide aus.
Entscheidung
Die Beschwerde des Finanzamts hatte in Bezug auf den ersten Bescheid Erfolg. An der Rechtmäßigkeit des zweiten Bescheids bestehen jedoch ernstliche Zweifel.
Kommentar
Praxishinweis
Bei Nichterfüllung bestimmter Auflagen kann das Finanzamts ein Verzögerungsgeld von 2.500 EUR bis 250.000 EUR festsetzen. Die Regelung erfasst sämtliche Mitwirkungspflichten im Rahmen einer Außenprüfung, nicht nur Auslandsfälle.
Damit besteht eine Konkurrenz zur Festsetzung eines Zwangsgelds, das allerdings 25.000 EUR nicht überschreiten darf. Ein Zwangsgeld darf nach Erfüllung der sanktionierten Verpflichtung nicht vollstreckt werden, während das festgesetzte Verzögerungsgeld auch dann gezahlt werden muss, wenn die Verpflichtung später erfüllt wird.
Die Festsetzung des Verzögerungsgelds ist eine Ermessensentscheidung und muss deshalb unter Angabe der Ermessenserwägungen begründet werden. Diese Begründung kann auch noch im Rechtsbehelfs- oder FG-Verfahren nachgeholt werden. Eine gerichtliche Überprüfung ist dann nur eingeschränkt möglich, weil das Gericht sein Ermessen nicht an das ordnungsgemäß ausgeübte Ermessen der Behörde setzen darf. Ermessensfehlerhaft dürfte es mangels gesetzlicher Regelung sein, wenn das Finanzamt wegen derselben Verpflichtung wiederholt ein Verzögerungsgeld festsetzt. Wenn die Festsetzung des Verzögerungsgelds nicht zur Erfüllung der Mitwirkungspflicht führt, muss das Finanzamt ggf. mit Zwangsmitteln nach § 328 AO vorgehen.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 16.06.2011, IV B 120/10.