Leitsatz
- § 6 Abs. 3 GrEStG ist bei fingierten Erwerbsvorgängen nach § 1 Abs. 2a GrEStG jedenfalls bei einer unmittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands entsprechend anwendbar. Erfolgt diese Änderung in mehreren Teilakten, kommt es dabei auf den Gesellschafterbestand vor dem ersten und nach dem letzten Teilakt an.
- Befindet sich unter den neuen Gesellschaftern wiederum eine Personengesellschaft und ist an dieser einer der ausgeschiedenen Altgesellschafter beteiligt, ist bei der Anwendung des § 6 Abs. 3 und 4 GrEStG auf den Altgesellschafter abzustellen.
Sachverhalt
An einer 1990 gegründeten grundbesitzenden GbR waren zunächst H und die KG 1 je zu 50 % beteiligt. Im Jahr 2000 veräußerte H seine Beteiligung zu 88 % an die KG 1 und zu 12 % an D, so dass die KG 1 zu 94 % und D zu 6 % an der GbR beteiligt waren. Im Jahr 2001 erwarb die KG 2 die bisher von der KG 1 gehaltenen Anteile. H war am Kommanditkapital der KG 2 sowie am Stammkapital der Komplementär-GmbH zu je 80 % beteiligt. Das Finanzamt nahm an, dass die Anteilsübertragungen insgesamt die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG erfüllten, und setzte Grunderwerbsteuer gegen die GbR fest.
Entscheidung
Ändert sich bei einer grundbesitzenden Personengesellschaft innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a GrEStG als ein auf die Übereignung dieses Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Unmittelbar ändert sich der Gesellschafterbestand bei einem zivilrechtlich wirksamen Übergang eines Mitgliedschaftsrechts auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. An die Stelle der ursprünglichen Gesellschafter H und KG 1 sind in vollem Umfang neue Gesellschafter, nämlich die KG 2 und D, getreten. Dies ist für die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG entscheidend. Auf die Beteiligung des H an der KG 2 kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
Der Gesellschafterwechsel bei der GbR, der fiktiv einem Erwerb durch eine "neue" GbR entspricht, ist nach § 6 Abs. 3 GrEStG insoweit steuerfrei, wie der Gesellschafterbestand der GbR zu Beginn und nach Beendigung der Anteilsübertragungen übereinstimmt. Bei unmittelbarer Beteiligung einer Gesamthand an einer anderen Gesamthand (hier: Beteiligung der KG 2 an der GbR) ist hierfür nicht die Gesamthand als solche als Zurechnungssubjekt anzusehen, sondern die am Vermögen der Gesamthand Beteiligten (hier: H). In dem Umfang, in dem H vor Aufgabe seiner Beteiligung und bei Erwerb der Beteiligung durch die KG 2 an der GbR unmittelbar oder vermittels seiner Beteiligung an der KG 2 beteiligt war, ist die Steuerbefreiung somit zu gewähren.
Praxishinweis
Der BFH hat offen gelassen, ob die Vergünstigung nach § 6 Abs. 3 GrEStG auch in den Fällen eines nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbaren mittelbaren Gesellschafterwechsels gewährt werden kann. Lässt man die gesetzliche Fiktion eines Grundstücksübergangs auf eine andere Gesamthand, ohne dass ein solcher tatsächlich vorliegt, für § 6 Abs. 3 GrEStG ausreichen, besteht kein Grund, dies für den Fall eines mittelbaren Gesellschafterwechsel nicht zu tun.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 27.4.2005, II R 61/03