Leitsatz

Das einzelne Geschäftslokal eines Filialeinzelhandelsbetriebs ist in aller Regel auch dann eine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn auf das Geschäftslokal weniger als 10 % der gesamten Nutzfläche des Unternehmens entfällt.

 

Sachverhalt

Eine GmbH, die zehn Filialen unterhielt, hatte die Räume einer der Filialen von ihren zu 99 % beteiligten Gesellschaftern gepachtet. Diese Filiale hatte eine Nutzfläche von 175 m2, was 9 % der Gesamtnutzfläche aller Filialen entsprach. Der Umsatzanteil der Filiale betrug zunächst 10 %, später 8 %. Während das Gesamtunternehmen Gewinne erzielte, erlitt die Filiale immer Verluste. Das Finanzamt ging von einer Betriebsaufspaltung aus. Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG sah die gepachteten Räume nicht als wesentliche Betriebsgrundlage an, weil die Filiale nur geringe wirtschaftliche Bedeutung habe.

 

Entscheidung

Der BFH teilte diese Auffassung nicht, hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.

 

Hinweis

Die Entscheidung betrifft die Anforderungen an die sachliche Verflechtung bei Filialunternehmen. Eine sachliche Verflechtung liegt vor, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen überlassen werden. Ein vom Betriebsunternehmen genutztes Grundstück ist nahezu immer eine wesentliche Betriebsgrundlage. Selbst Büroräume in einem Einfamilienhaus, die der Gesellschafter der Betriebs-GmbH nutzt, sieht der BFH mittlerweile als wesentliche Betriebsgrundlage an.

Bei Filialunternehmen wurde diskutiert, ob das zum Betrieb einer einzigen Filiale überlassene Grundstück keine wesentliche Betriebsgrundlage ist, wenn die Filiale nur geringe Bedeutung für das Gesamtunternehmen hat. In einem früheren Fall hatte der Flächenanteil einer von sechs Filialen 22 % ausgemacht, was der BFH als wesentlich beurteilte. Im Schrifttum wurde darauf etwa vertreten, dass bei einer Größenrelation von weniger als 10 % keine wesentliche Betriebsgrundlage anzunehmen sei.

Der BFH schließt sich der Ansicht zu einer Größenrelation weder mit Blick auf die Nutzfläche noch in Bezug auf den Umsatz- oder Gewinnanteil an.

Für ein Filialunternehmen sind grundsätzlich alle Filialen ungeachtet ihrer Größe wesentlich, weil die Struktur des Unternehmens darauf angelegt ist, an mehreren Standorten vertreten zu sein, und alle Standorte zum Geschäftserfolg beitragen. Selbst wenn die einzelne Filiale Verluste erwirtschaftet, erfüllt sie deshalb eine wesentliche Funktion für das Gesamtunternehmen. Andernfalls würde sie nämlich geschlossen werden.

Nur in Ausnahmefällen sind überlassene Filialräume nicht wesentlich, etwa dann, wenn ein Grundstück nur für begrenzte Zeit zur Überbrückung der Raumprobleme bei einem Umzug oder der Neueröffnung einer Filiale überlassen wird.

Eine Ausnahme wird auch zu machen sein, wenn der Grundstücksteil nach § 8 EStDV nicht als Betriebsvermögen behandelt werden muss.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 19.03.2009, IV R 78/06

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