Leitsatz

  1. Finanzierungsaufwendungen, die eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft für die Beteiligung an einer anderen unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft aufwendet, sind gemäß § 3c EStG 1990 nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig, soweit die Körperschaft aus der Beteiligung steuerfreie Gewinnanteile (Dividenden) erzielt (Fortführung der Senatsurteile vom 29.5.1996, I R 15/94, BStBl II 1997, S. 57 = INF 1996, S. 635; vom 29.5.1996, I R 167/94, BStBl II 1997, S. 60 = INF 1996, S. 569; vom 29.5.1996, I R 21/95, BStBl II 1997, S. 63).
  2. Dem EuGH wird die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Widerspricht es Art. 52 i.V.m. Art. 58 EGV und Art. 73b EGV, wenn Finanzierungsaufwendungen einer Körperschaft, die in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit im Inland steuerfreien Erträgen aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft stehen, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, nur in jenem Umfang als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen, in dem keine Gewinne aus der Beteiligung steuerfrei ausgeschüttet werden?

 

Sachverhalt

Die deutsche X-GmbH war von 1993 bis 1995 Gesellschafterin der deutschen K-GmbH, die ihrerseits an der österreichischen Ö-GmbH beteiligt war. Die Dividenden der Ö-GmbH waren bei der K-GmbH nach dem DBA-Österreich steuerfrei und wurden an die X-GmbH weitergeleitet, wo sie gemäß § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG 1991 außer Ansatz blieben. Die X-GmbH zog jedoch u.a. die Zinsen für die zum Erwerb der Beteiligung an der K-GmbH aufgenommenen Mittel als Betriebsausgaben ab. Dem widersprach das Finanzamt unter Hinweis auf § 3c EStG.

 

Entscheidung

Die der X-GmbH zugeflossenen Dividenden sind nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG steuerfrei. Die Ausgaben der X-GmbH, die mit ihnen unmittelbar wirtschaftlich zusammenhängen, dürfen deshalb gemäß § 3c EStG nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. Das Abzugsverbot gilt zwar nur bis zur Höhe der steuerfreien Einnahmen, besteht aber in diesem Umfang auch im Hinblick auf § 8b KStG. Jedoch könnte § 3c EStG, da es um die Beteiligung an einer österreichischen Gesellschaft geht, gegen die gemeinschaftsrechtliche Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen. Dafür könnte namentlich das Bosal-Urteil des EuGH[1] sprechen. Diese Frage wird deshalb dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

 

Praxishinweis

Im Bosal-Urteil hat der EuGH eine niederländische Regelung, die derjenigen in § 3c EStG ähnelt, für mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar erklärt. Inzwischen hat er zudem in einem finnischen Fall die grenzüberschreitende Anrechnung von Körperschaftsteuer angeordnet[2]. Wenn er diese Linie beibehält, wird er wohl auch § 3c EStG verwerfen. Daher muss man einschlägige Verfahren derzeit offen halten. Das gilt auch bei Beteiligungen außerhalb der EU, da die gemeinschaftsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten gilt.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Beschluss vom 14.7.2004, I R 17/03

[1] Vgl. EuGH-Urteil vom 18.9.2003, C-168/01 (Bosal), IStR 2003, S. 666
[2] Vgl. EuGH-Urteil vom 7.9.2004, C 319/02 (Manninen), IStR 2004, S. 680

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