Leitsatz
- Auch wenn der Miteigentümer eines Zwei- oder Mehrfamilienhauses mit Einverständnis der übrigen Miteigentümer eine Wohnung allein bewohnt, steht ihm der Fördergrundbetrag nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil zu.
- Die Anweisung in Rz. 66 des BMF-Schreibens vom 10.2.1998 (IV B 3 – EZ 1010 – 11/98, BStBl I 1998, S. 190), nach welcher der Miteigentümer eines Zwei- oder Mehrfamilienhauses, der eine Wohnung allein zu eigenen Wohnzwecken nutzt, den Fördergrundbetrag in Anspruch nehmen kann, soweit der Wert der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung einschließlich des dazu gehörenden Grund und Bodens den Wert des Miteigentumsanteils nicht übersteigt, widerspricht § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG.
- Die Gewährung der Eigenheimzulage im Wege einer Billigkeitsregelung in gesetzlich nicht vorgesehenen Fällen ist der Verwaltung durch § 15 Abs. 1 Satz 2 EigZulG verwehrt.
Sachverhalt
S erwarb 1998 einen 6/10 Miteigentumsanteil an einem als Einfamilienhaus eingestuften Hausgrundstück. Den restlichen 4/10 Anteil erwarb F. In dem Haus befinden sich zwei abgeschlossene Wohnungen. Die Käufer vereinbarten, dass S das Erdgeschoss, F das Dachgeschoss unter Ausschluss des anderen Käufers nutzen sollte. S bewohnt die Erdgeschosswohnung, die Dachgeschosswohnung hat er von F als Büro gemietet. Das Finanzamt setzte die Eigenheimzulage für S entsprechend seinem Miteigentumsanteil in Höhe von 60 % von 2500 DM fest. S berief sich dagegen auf Rz. 66 des BMF-Schreibens vom 10.2.1998. Danach kann der Miteigentümer eines Zwei- oder Mehrfamilienhauses, der eine Wohnung allein zu eigenen Wohnzwecken nutzt, den Fördergrundbetrag in Anspruch nehmen, soweit der Wert der betreffenden Wohnung den Wert des Miteigentumsanteils nicht übersteigt.
Entscheidung
Auch nach Ansicht des BFH steht der Fördergrundbetrag dem S nur anteilig entsprechend seinem Miteigentumsanteil von 6/10 zu. Dies entspricht § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG. Danach kann der Anspruchsberechtigte, wenn mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung sind, den Fördergrundbetrag nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil in Anspruch nehmen. Die Beschränkung auf den Miteigentumsanteil gilt unabhängig davon, ob andere Miteigentümer den auf ihren Miteigentumsanteil entfallenden Teil des Fördergrundbetrags in Anspruch nehmen. Unerheblich ist, dass S und F im Kaufvertrag die Aufteilung in zwei Eigentumswohnungen vereinbart hatten und S die alleinige Nutzung des Erdgeschosses eingeräumt worden war. Denn dadurch wurde S nicht wirtschaftlicher Eigentümer der Erdgeschosswohnung.
Der BFH lässt offen, ob Rz. 66 des BMF-Schreibens vom 10.2.1998 eine norminterpretierende Anweisung oder eine Billigkeitsregelung enthält. Handelt es sich um eine Norminterpretation, folgt ihr der BFH nicht, da sie der gesetzlichen Quotelung nach § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG widerspricht. Die Verwaltungsregelung geht auf die Rechtsprechung zur vollen Inanspruchnahme der Absetzung für Abnutzung bei einem vom Miteigentümer allein genutzten Arbeitszimmer zurück. Diese Grundsätze sind auf die Eigenheimzulage nicht übertragbar. Denn hier geht es nicht um die Abgeltung des Aufwands für eine Wohnung, sondern um die Förderung des Erwerbs von Wohnungseigentum. Beim Erwerb von Miteigentum steht dem Anspruchsberechtigten indes ausdrücklich nur der seinem Miteigentumsanteil entsprechende Teil der Förderung zu. Geht man von einer Billigkeitsregelung aus, so wäre eine solche der Verwaltung nach § 15 Abs. 1 EigZulG verwehrt. Zwar ist die AO auf die Eigenheimzulage entsprechend anzuwenden. Dies gilt aber nach § 15 Abs. 1 Satz 2 EigZulG nicht für Billigkeitsmaßnahmen i.S. von § 163 AO.
Praxishinweis
Die Verwaltung geht davon aus, dass Miteigentümern bei Wertgleichheit der von ihnen allein genutzten Wohnungen jeweils die volle Förderung zusteht. Nach der Entscheidung des BFH ist diese für die Steuerpflichtigen günstige Regelung nicht weiter anwendbar. Es bleibt abzuwarten, wie die Verwaltung reagiert. Um für mehrere Erwerber bzw. Hersteller die volle Förderung zu erreichen, empfiehlt es sich, das Objekt in Wohnungseigentum aufzuteilen.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 19.5.2004, III R 29/03