Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
Miteigentumsanteile von Ehegatten an der von ihnen selbst genutzten Wohnung bilden auch dann ein Objekt i.S. von § 6 Abs. 2 Satz 2 EigZulG und können zudem zusammen Erstobjekt i.S. von § 6 Abs. 1 EigZulG sein, wenn ein Ehegatte Eigenheimzulage für seinen Miteigentumsanteil als Folgeobjekt in Anspruch nimmt.
Sachverhalt
A und B sind seit dem Jahr 2000 miteinander verheiratet. A hatte § 10e EStG von 1992 bis 1995 für sein Objekt F in Anspruch genommen. 1998 erwarb er zusammen mit B als Miteigentümer das selbstgenutzte Objekt S. Das Finanzamt setzte gegenüber A und B in getrennten Bescheiden Eigenheimzulage fest, und zwar gegenüber A bestandskräftig begrenzt auf die Jahre 1998 bis 2001, weil er bereits für das Objekt F für vier Jahr § 10e EStG in Anspruch genommen hatte. Mit der Geburt der Tochter gewährte das Finanzamt im jeweiligen Umfang Kinderzulage. 2001 erwarben A und B je zur Hälfte das Objekt L und beantragten hierfür als Zweitobjekt Eigenheimzulage bis 2010. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass S das Zweitobjekt der Eheleute geworden sei, so dass L nur noch als Folgeobjekt des Erstobjekts gefördert werden könne, also nur für die Jahre 2003 bis 2005. Die Klage blieb erfolglos. Der mit F verbundene Objektverbrauch werde durch die Eheschließung nicht aufgehoben.
Entscheidung
Anders entschied der BFH: Das Objekt S war für beide Ehegatten Erstobjekt. Zwar hatte A Steuervergünstigungen bereits für F in Anspruch genommen. Nach der bestandskräftigen Festsetzung war S Folgeobjekt. Dies ist möglich. Ein Folgeobjekt ist kein Zweitobjekt. § 7 EigZulG unterscheidet das Erstobjekt von dem weiteren Objekt und definiert dadurch das Folgeobjekt. Verheiratete können allerdings frei entscheiden, ob sie das Objekt als Folge- oder als Zweitobjekt gefördert wissen wollen. Hier hatten A und B jedoch nicht S, sondern L als Zweitobjekt begehrt. S ist für A und B mit ihrer Heirat das Erstobjekt, es ist als ein Objekt anzusehen. Dieses Objekt ist zugleich für A ein Folgeobjekt mit der Konsequenz des nur in seiner Person abgekürzten Förderzeitraums. Das Gesetz schließt es nicht aus, dass ein Miteigentumsanteil als Folgeobjekt zusammen mit dem Miteigentumsanteil als ein Objekt angesehen wird. Deshalb ist das Objekt L Zweitobjekt. Den Eheleuten A und B steht die Förderung im gesamten Zeitraum zu.
Praxishinweis
Die Entscheidung behandelt sicherlich einen seltenen Sonderfall. Sie macht daran aber einige Grundstrukturen und verfahrensrechtliche Besonderheiten der Eigenheimzulage klar. Denn der Fall wäre vermutlich anders gelaufen, wenn das Finanzamt nach der Eheschließung die Eigenheimzulage – wie gesetzlich vorgesehen – nach § 11 Abs. 6 EigZulG neu festgesetzt hätte. Wahrscheinlich hätten die Ehegatten dann das Objekt S – was möglich gewesen wäre – als Zweitobjekt gewählt, den BFH aber nicht in die Lage versetzt, den Unterschied zwischen Folge- und Zweitobjekt herauszuarbeiten. Auch so bekommen A und B materiell nicht mehr als das, was ihnen kraft Gesetzes zusteht. A bekommt die Förderung für S nur als Folgeobjekt, also abzüglich des Förderzeitraums für das Objekt F. Und B bekommt die wenigen Förderjahre für S und das Objekt L ganz. So muss es sein!
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 12.7.2006, IX R 62/04