Leitsatz (amtlich)

Die Bilanzberichtigung für Zwecke der Festsetzung der Gewerbesteuer hindert nicht die entsprechende einkommensteuerrechtliche Korrektur in einem späteren Veranlagungszeitraum.

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Aufgrund von Buchungsfehlern wies er in seiner Bilanz zum 31.12.1989 einen um 140 000 DM zu hohen Forderungsbestand aus. Nach erfolgswirksamer Berichtigung der Bilanz zum 31.12.1989 änderte das Finanzamt den GewSt-Bescheid 1989. Der bereits bestandskräftige ESt-Bescheid 1989 wurde nicht geändert. Bei der ESt-Veranlagung 1990 wurde der Forderungsausweis nicht korrigiert. Die Klage, mit der der Kläger eine solche Korrektur begehrte, blieb erfolglos[1]. Auf die Revision des Klägers hob der BFH die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt.

 

Entscheidungsgründe

Nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs[2] konnte das Finanzamt im Streitfall im Rahmen der noch nicht bestandskräftigen GewSt-Festsetzung 1989 den in diesem Jahr zu hohen Forderungsausweis zugunsten des Klägers korrigieren. Entgegen der Auffassung des FG verhindert diese Korrektur nicht die einkommensteuerrechtliche Berichtigung des Forderungsausweises im Zuge der ESt-Veranlagung des Streitjahres 1990. Ob die Voraussetzungen für eine Bilanzberichtigung vorliegen, ist für ESt und GewSt gesondert zu prüfen. Der einkommensteuerliche Gewinn ist nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG zu ermitteln. Gemäß § 7 GewStG ist dem Gewerbeertrag - vorbehaltlich der sich aus dem GewSt-Recht ergebenden Besonderheiten - der nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb zugrunde zu legen. Gewinn und Gewerbeertrag sind verfahrensrechtlich selbständig zu ermitteln[3]. § 7 GewStG begründet keine Bindungswirkung für die GewSt an den einkommensteuerrechtlichen Gewinn[4]. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass § 7 GewStG auf die Gewinnermittlungsvorschriften des EStG Bezug nimmt, dass § 35b GewStG eine vereinfachte Bescheidänderung vorsieht und dass bilanzsteuerrechtliche Wahlrechte für Zwecke der GewSt nicht anders als für Zwecke der ESt ausgeübt werden dürfen. Daraus folgt, dass für die jeweilige Veranlagung die Bilanzansätze als Ausgangswerte maßgeblich sind, die in der Vorjahresbilanz als Abschlusswerte enthalten waren.

Entgegen der Auffassung des FG bewirkt die im Erhebungszeitraun 1989 vorgenommene Korrektur des Forderungsbestandes bei der GewSt nicht die Änderung des einkommensteuerrechtlichen Endvermögens. Diese Auffassung verkennt die verfahrensrechtliche Selbständigkeit der einkommensteuerrechtlichen Gewinnermittlung und würde im Übrigen dazu führen, dass die einkommensteuerrechtliche Fehlerkorrektur von der verfahrensrechtlichen Änderbarkeit der GewSt-Veranlagung abhinge. Darüber hinaus geht das FG zu Unrecht von einem Grundsatz der Einheitlichkeit der Bilanz aus. Es kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit die Gewinnermittlung für Zwecke der GewSt eine eigenständige rechtliche Bedeutung hat und ob eine eigenständige GewSt-Bilanz existiert. Bereits aufgrund der Unterschiede von ESt und GewSt können sich unterschiedliche Bilanzpositionen ergeben[5]. Unterschiede können sich weiterhin aus dem unterschiedlichen verfahrensrechtlichen Ablauf der einzelnen Veranlagungen ergeben. Die Bilanzansätze für Zwecke der ESt und der GewSt können sich daher unterschiedlich entwickeln.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 06.09.2000, XI R 18/00BFH vom 6.9.2000 - XI R 18/00

[2] Vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28.4.1998, VIIIR 46/96, BStBl II1998, S. 443 = INF 1998, S. 540

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