Leitsatz

Bei der förmlichen Zustellung eines Bescheids über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen durch Postzustellungsurkunde müssen Zustellungsurkunde und Sendung einen Hinweis auf den Gegenstand der Feststellung enthalten.

 

Sachverhalt

Gesellschafter einer GmbH & Co. KG waren neben der Komplementär-GmbH die Ehegatten K und H. Am 29.12.1999 erließ das Finanzamt nach § 164 Abs. 2 AO einen Sammelbescheid über geänderte gesonderte und einheitliche Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen der Streitjahre, worin Verluste in unveränderter Höhe, aber nach § 15a EStG nur als verrechenbar festgestellt wurden. Die Bescheide wurden mit Postzustellungsurkunde bekannt gegeben; Bekanntgabeempfänger war K. Als Betreff waren auf der Postzustellungsurkunde im Feld 1.1 die Steuernummer der KG und im Feld 1.2 "geänderter Feststellungsbescheid für 1993 + 1994" vermerkt. Die Zustellung erfolgte durch Niederlegung, nachdem die Zustellerin ausweislich der Vermerke in der Postzustellungsurkunde am 30.12.1999 in der Wohnung des K niemanden angetroffen und eine Benachrichtigung über die Niederlegung in den Briefkasten geworfen hatte. Datum der Niederlegung ist laut Stempelaufdruck der 30.12.1999. Der Brief wurde nach Auskunft der Deutschen Post am 5.1.2000 von H abgeholt. Mit Schreiben vom 20.3.2000, eingegangen beim Finanzamt am Folgetag, erhob die KG Einspruch gegen die Feststellungsbescheide. Sie habe weder die Bescheide noch eine Mitteilung des Postboten über die Niederlegung erhalten. Eine Bekanntgabe sei nicht erfolgt bzw. es sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Die KG hat die Einspruchsfrist gewahrt, weil die Bekanntgabe der Bescheide durch Niederlegung nicht wirksam war. Denn die Zustellungsurkunde enthielt keine dem Formerfordernis des § 3 Abs. 1 Satz 2 VwZG entsprechende, den Inhalt der Sendung einwandfrei identifizierende Geschäftsnummer[1]. So reicht es nicht aus, wenn die Zustellungsurkunde und die Sendung als Geschäftsnummer lediglich die Steuernummer ausweisen[2] oder im Feld 1.1. der Zustellungsurkunde zwar die Steuernummer, neben dem Anschriftenfeld die Notiz "ESt 93, USt 94" und im Feld 1.2 keine Angabe enthalten[3]. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung genügen die Angabe der Steuernummer im Feld 1.1 und der Vermerk "geänderter Feststellungsbescheid für 1993 + 1994" im Feld 1.2 nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Satz 2 VwZG, weil der Begriff "Feststellungsbescheid" angesichts der Vielzahl möglicher Feststellungen[4] keine eindeutige Bestimmung des übersandten Bescheids enthält. Der danach vorliegende Bekanntgabemangel ist erst geheilt, wenn der Empfangsberechtigte das Schriftstück nachweislich – wie hier in Form einer Kopie des angefochtenen Bescheids – erhalten hat[5]. Da § 9 Abs. 2 VwZG a.F. eine Heilung bei Ingangsetzen der Einspruchsfrist gemäß § 355 Abs. 1 AO nicht ausschließt, begann die Frist von einem Monat im Zeitpunkt des unstreitigen Zugangs einer Kopie der angefochtenen Bescheide.

 

Praxishinweis

Den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Satz 2 VwZG genügt es, wenn neben der Steuernummer unter 1.1 der Zustellungsurkunde im Feld 1.2 "Vfg. v. 18.12.86 Kö + VEK 81" angegeben wurde[6]; Gleiches gilt für die Angabe "E/KiSt 77", verbunden mit der Steuernummer[7]. Der X. Senat[8] hat die Zustellung von zwei Einspruchsentscheidungen unter Angabe der Geschäftsnummer "die Steuernummer – RBBZ. 2", gefolgt von "wingf 1–28, 41–43 + 29–40" und "2 E.E.'en vom 13.07.2001" für ordnungsgemäß bewirkt gehalten. Ebenfalls für formgerecht hielt der BFH die Zustellung eines Umsatzsteuerbescheids mit der Angabe der Steuernummer im Feld 1.1 der Zustellungsurkunde und des Hinweises "UStB 97" unter der Gliederungsnummer 1.2[9].

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 13.10.2005, IV R 44/03

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