1 Leitsatz

Zur Zulässigkeit der Bildberichterstattung über das Mieterfest einer Wohnungsbaugenossenschaft in einer Informationsbroschüre der eG.

2 Sachverhalt

Die Klägerinnen (Großmutter, Tochter und Enkelin) verlangten von der Beklagten, einer Wohnungsbaugenossenschaft, die Zahlung einer Geldentschädigung und von Abmahnkosten, weil ohne ihre Einwilligung ein Foto veröffentlicht und verbreitet worden war. Das Foto zeigte die Klägerinnen gemeinsam auf einem Mieterfest, das von der eG veranstaltet worden war.

Bei dem jährlich stattfindenden Mieterfest der Wohnungsgenossenschaft wurden Fotos gemacht, unter anderem das beanstandete Foto, auf dem im Vordergrund die Großmutter und die Mutter zu sehen waren, wie sie das Enkelkind, ein Kleinkind, füttern. Dieses Foto veröffentlichte die eG in ihrer Broschüre "Informationen der Genossenschaft" neben weiteren 9 Fotos, auf denen Teilnehmer des Mieterfestes einzeln und in Gruppen zu sehen waren. Die Broschüre wurde in einer Auflage von 2.800 Stück hergestellt und an die Wohnungsnutzer verteilt.

Aufgrund eines vorgerichtlichen Anwaltsschreibens der Klägerinnen gab die Wohnungsgenossenschaft eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Die eG weigerte sich aber, den ebenfalls verlangten "Schadensersatz" in Höhe von insgesamt 3.000 EUR und die Abmahnkosten in Höhe von 837,52 EUR zu zahlen. Die hierauf gerichteten Klagen hatte das Amtsgericht (AG) Berlin-Charlottenburg abgewiesen. Die Berufungen der Klägerinnen wies das Landgericht (LG) Berlin zurück. Mit den vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgten die Klägerinnen ihr Klagebegehren weiter.

3 Entscheidung

Der BGH hat die Revisionen der Klägerinnen gegen das Urteil des LG Berlin zurückgewiesen.

Nach der Entscheidung des Gerichts war die Veröffentlichung des Fotos auch ohne Einwilligung der Klägerinnen zulässig.

Der BGH hat in seiner Urteilsbegründung zunächst darauf hingewiesen, dass es sich bei dem beanstandeten Foto der Klägerinnen um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ("Kunsturheberrechtsgesetz") handelt. Der Begriff des "Zeitgeschehens", der maßgebend für die Beurteilung ist, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, umfasst nach den Ausführungen des Gerichts alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse. Dazu könnten auch Veranstaltungen von nur regionaler oder lokaler Bedeutung gehören. Ein Informationsinteresse bestehe allerdings nicht schrankenlos. Vielmehr ist nach der Rechtsprechung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen und es bedarf gerade bei unterhaltenden Inhalten im besonderen Maß einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen. Der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung ist nach dem BGH-Urteil im Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, zu ermitteln.

Weiter hat der BGH ausgeführt, dass die Bildberichterstattung in der Informationsbroschüre der Beklagten über das – jährlich stattfindende – Mieterfest der beklagten Wohnungsbaugenossenschaft im August 2010 repräsentativ auf insgesamt 10 Bildern Teilnehmer zeigte, und zwar sowohl in Gruppen als auch einzeln. Die Bilder fingen danach Szenen des Mieterfestes ein, die ein harmonisches Zusammensein von Jung und Alt in fröhlicher und entspannter Atmosphäre zeigten. Die Bildberichterstattung vermittelt nach Meinung des Gerichts den Eindruck, dass Mitbewohner aller Altersgruppen das Fest genossen hätten und zwischen ihnen gute nachbarschaftliche Beziehungen bestünden. In diesen Zusammenhang passe gerade das Bild der Klägerinnen, welches 3 Generationen vereint. Zwar gebe es – außer dem Hinweis auf das Mieterfest und der Ankündigung der entsprechenden Veranstaltung im Folgejahr – keine begleitende Textberichterstattung, doch bereits durch die Auswahl der gezeigten Fotos werde dem Leser ein Eindruck über dessen Verlauf vermittelt. Das Mieterfest ist nach Ansicht des BGH ein Ereignis von lokaler gesellschaftlicher Bedeutung.

Die Informationsbroschüre der Wohnungsgenossenschaft, in der über das Fest berichtet wurde, war an ihre Mieter gerichtet, also an den (beschränkten) Personenkreis, der üblicherweise an dem Fest teilnahm und entsprechend der Ankündigung eingeladen war, im Folgejahr teilzunehmen. Das Recht, über solche zeitgeschichtlichen Ereignisse aus dem gesellschaftlichen Bereich zu berichten, stand nach Ansicht des Gerichts grundsätzlich auch der eG zu, wenn sie eine Informationsbroschüre herausgibt; denn auch eine solche Broschüre gehöre zu den Medien. Die Genossenschaft konnte sich daher unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) auf ein schützenswertes Interesse berufen, ihre Wohnungsnutzer im Bild über den Ablauf und die Atmosphäre der Veranstaltung zu informieren. Die Bildberichterstattung der Beklagten über das Mieterfest in ihrer Informationsbroschüre an ihre Mieter erfülle eine wichtige Funktion, denn ein solches Fest pflege und schaffe gute nachbarschaftliche Beziehungen. Die Berichterstattung vermittelt nach Mein...

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