Leitsätze (amtlich)
- Bei der Prüfung von Mietverträgen unter Angehörigen am Maßstab des Fremdvergleichs kann für die Auslegung ursprünglich unklarer Vereinbarungen die spätere tatsächliche Übung der Parteien herangezogen werden.
- Weisen ein mit Fremden geschlossener Mietvertrag und ein Mietvertrag mit Angehörigen nach ihrem Inhalt oder in ihrer Durchführung gleichartige Mängel auf, so verliert das zwischen fremden Dritten übliche Vertragsgebaren für die Indizienwürdigung an Gewicht. Die Mängel des Angehörigenvertrages deuten dann nicht ohne weiteres auf eine private Veranlassung des Leistungsaustauschs hin.
Sachverhalt
Der Kläger ließ an seinem Haus 1993 und im Streitjahr 1994 für rd. 709 000 DM das Dach abtragen und ein Ober- und ein Dachgeschoss errichten. Die Obergeschosswohnung vermietete er ab 1.1.1995 an seine Mutter und ihren Lebensgefährten, die Dachgeschosswohnung ab 1.10.1995 an ein fremdes Ehepaar. Für beide Mietverträge verwendete der Kläger Formulare, die alternative Formulierungsvorschläge enthielten. Beide Mietverträge sind von den Parteien nicht lückenlos und zum Teil widersprüchlich ausgefüllt worden; erforderliche Streichungen sind zum Teil unterblieben. So ist in beiden Mietverträgen unterhalb der Überschrift "Nebenkosten (z.B. Heizkostenvorschuss)" unter "Heizkostenvorschuss" handschriftlich ein Unterführungszeichen und die Betragsangabe "50" eingetragen. Hingegen ist jeweils die folgende inhaltlich gegensätzliche vorgedruckte Zeile nicht gestrichen worden: "Die Betriebskosten im Sinne des § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung sind in der Miete enthalten". Laut Mietvertrag über die Dachgeschosswohnung werden die Nebenkosten für Heizkostenvorschuss in Form monatlicher Abschlagszahlungen erhoben und jährlich angerechnet; das Wort "Heizkostenvorschuss" ist dort handschriftlich eingetragen. Im Mietvertrag mit der Mutter befindet sich hingegen an der entsprechenden Stelle des Formulars ein Strich. Ferner ist im Mietvertrag für die Dachgeschosswohnung als Umlagemaßstab für die Betriebskosten die Angabe "66 qm" eingetragen. Im Mietvertrag mit der Mutter befindet sich an der entsprechenden Stelle kein Eintrag. Die Miete sollte auf ein Konto überwiesen werden. Die Mutter hat zunächst jedoch Zahlungen in bar geleistet. Der Kläger machte für das Streitjahr vorab entstandene Werbungskosten von rd. 158 000 DM geltend. Das Finanzamt kürzte die abziehbaren Werbungskosten gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG, weil der Kläger die Wohnung an seine Mutter verbilligt vermietet habe. Die vereinbarte Miete betrage nur 44,2 % der ortsüblichen Marktmiete. Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Entscheidungsgründe
Mietverträge unter nahen Angehörigen sind daraufhin zu untersuchen, ob sie durch die Einkünfteerzielung oder den steuerrechtlich unbeachtlichen privaten Bereich veranlasst sind. Sie sind i.d.R. der Besteuerung nicht zugrunde zu legen, wenn die Gestaltung oder die tatsächliche Durchführung nicht dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Das gilt auch für Mietverträge, die mit Angehörigen und deren Lebensgefährten geschlossen worden sind.
Für die Beurteilung eines Mietvertrages unter nahen Angehörigen ist entscheidend, dass die Hauptpflichten der Vertragsparteien wie die Überlassung einer konkret bestimmten Sache und die Höhe der Miete klar und eindeutig vereinbart und wie vereinbart durchgeführt werden. Sind hinsichtlich der Nebenabgaben keine Vereinbarungen getroffen worden, muss dies allein nicht bereits zur Nichtanerkennung des Vertrages führen; dieser Umstand ist vielmehr im Zusammenhang mit sämtlichen weiteren Umständen zu würdigen, die für oder gegen die private Veranlassung des Vertragsverhältnisses sprechen. Bei Dauerschuldverhältnissen kann für die Auslegung ursprünglich unklarer Vereinbarungen außerdem die spätere tatsächliche Übung der Parteien herangezogen werden.
Nach diesen Maßstäben ist die Gesamtwürdigung des FG unvollständig, weil es nicht alle maßgeblichen Beweisanzeichen in seine Beurteilung einbezogen hat. Das FG ist nach Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass der vom Kläger mit seiner Mutter und deren Lebensgefährten geschlossene Mietvertrag zwar hinsichtlich der Hauptpflichten im Wesentlichen wie vereinbart durchgeführt worden sei. Es hat den Mietvertrag aber am Maßstab des Fremdvergleichs scheitern lassen, weil er hinsichtlich der Frage, ob die Betriebskosten in der Miete enthalten waren, in sich widersprüchlich sei, weil allenfalls nur ein Heizkostenvorschuss, aber kein Vorschuss für sonstige Betriebskosten vereinbart worden sei, und weil die für 1995 durchgeführte Betriebskostenabrechnung nur die sonstigen Betriebskosten, aber gerade nicht die Heizkosten umfasst habe. Dass der Mietvertrag über die fremdvermietete Dachgeschosswohnung gleichartige Mängel aufweise, sei unerheblich.
Das FG hat zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, dass bei Dauerschuldverhältnissen für die Au...