Leitsatz

  1. Ein"Glücksspiel mit Geldeinsatz" i.S. des Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG (6. EG-Richtlinie) erfordert die Einräumung einer Gewinnchance an den Leistungsempfänger (Spieler) und im Gegenzug die Hinnahme des Risikos durch den Leistenden (Geräteaufsteller), die Gewinne auszahlen zu müssen.
  2. Die Gewinnchance muss in der Chance auf einen Geldgewinn bestehen.
  3. Spiele, die dem Spieler lediglich die Möglichkeit einräumen, seinen Geldeinsatz wiederzuerlangen (sog. "Fun-Games"), erfüllen diese Voraussetzungen nicht.
 

Konsequenzen für die Praxis

Der Markt der Spielgerätebetreiber ist auch mit dem Ziel der Umsatzsteuerbefreiung heftig umkämpft. Dabei ist die Sache insoweit einfach geregelt: Nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG 1999 sind die Umsätze gegen Entgelt aus dem "Tokenspiel" (um die es im Streitfall ging) nicht steuerfrei, weil sie zum einen nicht unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen und der Unternehmer im Streitfall zum anderen auch keine öffentliche Spielbank betrieb.

Nach Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) waren sie nicht als "Glücksspiel mit Geldeinsatz" steuerbefreit. Glücksspiele sind nur Spiele mit Gewinnchance. Die Chance auf Behalt (lediglich) des Einsatzes oder eines Verlustes ist keine Gewinnchance. Solche Spiele sind sog. "Fun-Games".

Dem einfachen Verständnis der Materie ist nicht förderlich, dass auch im Übrigen (leider) unterschiedliche Auffassungen über "Gewinnspiele" im Gemeinschaftsrecht und nationalen Regelungen bestehen. So beurteilt das Bundesverwaltungsgericht die gewerbsmäßige Aufstellung von Tokenspielgeräten gewerberechtlich gemäß § 33c Abs. 1 GewO als erlaubnispflichtig, weil Tokenspiele mit Tokenmanager "die Möglichkeit eines Gewinns" in Form des "Rückgewinns des Einsatzes" ermöglichen.

Allerdings ist anerkannt, dass solche nationalen Regelungen für die Auslegung der autonomen gemeinschaftsrechtlichen Begriffe zur Mehrwertsteuer unbeachtlich sind, wie auch umgekehrt diese Auslegung für die gewerberechtliche Beurteilung "keine Bedeutung" hat.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 29.5.2008, V R 7/06, BFH/NV 2008 S. 1780

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