In manchen Schadensfällen greift eine Haftung des Schädigers nur beim Vorliegen einer groben Fahrlässigkeit ein. Doch wie ist diese von bloß leichter Fahrlässigkeit abzugrenzen? Auch die Gerichte sind sich hier nicht einig, wie folgender Fall zeigt:

Der schusselige Nachbar

Eine Gebäudeversicherungsgesellschaft nahm aus übergegangenem Recht einen Grundstückseigentümer wegen eines von ihm verursachten Wasserschadens in Anspruch, der am Haus ihres Versicherungsnehmers, dem Nachbarn des Beklagten, entstanden ist. Während eines Kuraufenthalts dieses Nachbarn übernahm es der Beklagte, dessen Haus zu versorgen. Hierzu gehörte u. a. auch die Bewässerung des Gartens. Dabei bewässerte dieser den Garten mit einem an eine Außenzapfstelle des Hauses montierten Wasserschlauch. Nach der Bewässerung drehte er an einem Tag die am Schlauch befindliche Spritze zu, stellte aber versehentlich nicht die Wasserzufuhr zum Gartenschlauch ab. In der folgenden Nacht löste sich der weiter unter Wasserdruck stehende Schlauch aus der Spritze. In der Folge trat aus dem Schlauch eine erhebliche Menge Leitungswasser in das Gebäude des Nachbarn und führte zu Beschädigungen im Untergeschoss. Die Klägerin leistete Entschädigungszahlungen und macht gegen den Beklagten einen Anspruch in Höhe des Zeitwertschadens von rund 11.000 EUR geltend. Der Beklagte ist für Schäden bei Nachbarschaftshilfe und Gefälligkeitshandlungen privat haftpflichtversichert. Der Privathaftpflichtversicherer lehnte eine Regulierung ab. Der Streit geht insbesondere darum, ob von einer Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit auszugehen ist und ob der Beklagte grob fahrlässig gehandelt hat.

Gerichte uneins

Das Landgericht hat das Vorliegen einer groben Fahrlässigkeit angenommen und den Beklagten in 1. Instanz antragsgemäß verurteilt. Doch nach Ansicht des OLG Koblenz steht der Versicherung ein Erstattungsanspruch aus § 86 VVG nicht zu.

Begrenzung der Haftung

Zum einen sei von einer Haftungsbegrenzung auszugehen: Bei unentgeltlicher Hilfeleistung im Rahmen eines Gefälligkeitsverhältnisses kommt dem Gefälligen eine Begrenzung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zugute, wenn es sich um eine typisch alltägliche und unentgeltliche Gefälligkeit unter Nachbarn handelt (hier: Wässern des Gartens) und ein Schaden im Zusammenhang mit den bei der Ausübung der Gefälligkeit eigentümlichen Gefahren entsteht, der durch eine Versicherung des Geschädigten abgedeckt ist. Das gilt unabhängig davon, ob der Schädiger über eine Privathaftpflichtversicherung verfügt.

Keine grobe Fahrlässigkeit

Auch im Weiteren zeigte das Gericht ein Herz für den hilfsbereiten Nachbarn: Der Gefällige handelt nicht grob fahrlässig, wenn er nach dem Wässern des Gartens seines Nachbarn mit einem an der Außenzapfstelle des nachbarlichen Hauses montierten Wasserschlauch nur die am Schlauch befindliche Spritze zudreht, ohne die Wasserzufuhr abzustellen. Er muss nicht damit rechnen, dass nach einem Lösen des unter Wasserdruck stehenden Schlauchs aus der Spritze Leitungswasser in das Gebäude des Nachbarn eindringt und zu Beschädigungen im Untergeschoss führt.

(OLG Koblenz, Urteil v. 7.7.2015, 3 U 1468/14, r+s 2015 S. 464)

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