Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck will die geplante Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) noch vor der Sommerpause durch das Parlament bringen. Der höhere Neubaustandard EH 55 ist bereits "durch die Hintertür" in den Ausschüssen, mit verschärften Anforderungen an die Gebäudehülle.
Am 11. Mai hat das Bundeskabinett kurzfristig eine Formulierungshilfe für die Ampel-Fraktionen zur laufenden Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)-Novelle beschlossen, die den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen soll. Darin "unter der Hand ohne Vorankündigung eingefügt" auch eine Änderung, die das Gebäudeenergiegesetz (GEG) betrifft, wie der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) mitteilt: Es geht um die Erhöhung des Neubaustandards auf Effizienzhausniveau EH 55, verpflichtend ab 2023, und die damit einhergehenden schärferen Anforderungen an die Gebäudehülle. Die GEG-Änderung wird jetzt in den Klimaschutz- und Energie-Ausschuss eingebracht.
ZIA: Kritik am EH-55-Standard mit Fokus auf Gebäudehülle
"Die Ausgestaltung des GEG und die Festlegung von Gebäudestandards haben immense Auswirkung auf die Branche", beklagte sich ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner. Trotzdem habe es keine Verbändeanhörung gegeben. Es sei enttäuschend, dass eine so wichtige Änderung wie die Neubaustandards im Stil der Camouflage nun kurzfristig in einem anderen Gesetzgebungsverfahren versteckt werden soll, erklärte Mattner.
Der Verband kritisierte vor allem die einseitige Fokussierung auf die Gebäudehülle, die mit dem EH-55- Neubaustandard einhergeht, "da erwiesenermaßen Gewerbeimmobilien aufgrund von mehr Dämmung auch mehr Kühlung benötigen", so Mattner weiter. Die Energiebilanz werde damit negativ. Auch bei Wohnimmobilien sei der CO2-Effekt kaum messbar. Der Fokus müsse auf Effizienz in der Anlagentechnik, Nutzung erneuerbarer Energien im Gebäude und im effizienten Gebäudebetrieb liegen, das über ein Energie- und CO2-Monitoring nachgewiesen werden kann.
Nach Berechnungen des ZIA führt die Erhöhung des Standards auf EH-55-Niveau nur zu einer CO2-Reduktion von ca. 0,5 Mio. Tonnen pro Jahr – das wird laut Gesetzentwurf zusätzlich rund 430 Mio EUR jährlich für Bürger und Wirtschaft kosten. "Wie sollen so 400.000 Wohnungen jährlich neu errichtet werden?", wundert sich Dr. Mattner.
EnWG-Entwurf: Ziele der GEG-Novelle im Überblick
Gebäudestandard |
Festlegung EH-55-Neubaustandard und Verschärfung der Anforderungen an die Gebäudehülle |
Systematik Dämmung |
Bisherige Dämmanforderung (HT) soll durch eine andere, weiter gefasste Effizienzgröße ersetzt und auf dem jetzt einzuführenden Anforderungsniveau fortgeschrieben werden. "Die genaue Methodik ist aber noch unklar", kritisiert der ZIA. |
CO2-Gutschrift |
Es soll künftig eine Gutschrift je eingesparte Tonne CO2 eingeführt werden. Auch hier ist dem ZIA zufolge die genaue Methodik noch unklar. |
Primärenergiefaktor für Großwärmepumpen |
Der Primärenergiefaktor von Großwärmepumpen soll von 1,8 auf 1,2 verbessert werden. ZIA-Kritik: "Im Hinblick auf das 80 % Energieeffizienzziel (EE) im Stromnetz 2030 ist das zu kurz gegriffen. Es sollte der Wert schon jetzt vorausschauend in Hinblick auf die erwartete CO2-Last im Strommix im Jahr 2030 bei einem geplanten EE-Anteil von 80 % angepasst werden." |
Quelle: ZIA
Zu der am 18. Mai stattfindenden öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie zur EnWG-Novelle wurden Verbände der Immobilien- und Wohnungswirtschaft nicht eingeladen.
GEG seit November 2020 in Kraft
Am 1.11.2020 ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Kraft getreten – mit dem Einbauverbot von Ölheizungen ab 2026 und ohne den Solar-Förderdeckel von 52 Gigawatt installierter Leistung. Der wurde aufgehoben. Höhere energetische Anforderungen an Neubauten und an den Bestand enthält das geltende GEG nicht.
Dem Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW war besonders die neu eingeführte Innovationsklausel wichtig, mit der nicht mehr jedes einzelne Gebäude den Energieanforderungen entsprechen muss, sondern das Quartier. Das heißt konkret: Energieschlucker dürfen unsaniert bleiben, wenn andere Häuser sehr energieeffizient sind. Die Klausel macht es zudem möglich, befristet bis 2023 von der Kenngröße "Primärenergie" auf "Treibhausgasemissionen" umzusteigen – nicht alle Gebäude müssen "dick in Styropor verpackt" werden, um den CO2-Ausstoß zu senken. Auch der ZIA hatte sich für den Quartiersansatz ausgesprochen.
Eine wesentliche Ergänzung zum GEG-Entwurf der Bundesregierung in der Fassung vom 29.5.2019 war das bereits im Klimapaket aufgenommene Einbauverbot von Ölheizungen ab dem Jahr 2026. Ende Oktober 2019 billigte das Kabinett diese Änderungen – allerdings mit Einschränkungen. Gas- oder Ölheizkessel, die 1991 oder später eingebaut wurden, dürfen nur 30 Jahre lang betrieben werden – Heizkessel, die vor dem 1.1.1991 eingebaut oder aufgestellt wurden, dürfen dann gar nicht mehr betrieben werden. Ausnahmen für das Verbot gelten, wenn ein Haus weder mit Gas noch mit Fernwärme versorgt werden kann und die Heizung auch nicht aus er...