Doppeltes Wegerecht

Wer als Wegeberechtigter im Grundbuch eingetragen ist, muss damit rechnen, dass weitere Berechtigte hinzutreten. Dazu dieser Fall:

Im Grundbuch ist für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks X ein Geh- und Fahrtrecht an einem benachbarten Flurstück gemäß Bewilligung aus dem Jahr 1930 eingetragen. Hiernach ist dieser berechtigt, von der Straße aus über das dienende Grundstück das ganze Jahr zu gehen und zu fahren, um von der Straße aus über das bezeichnete Grundstück zu dem auf dem herrschenden Grundstück zu errichtenden Neubau zu gelangen und umgekehrt.

Anfang 2014 trug das Grundbuchamt an dem dienenden Flurstück für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Y ein im Verhältnis zu dem vorgenannten Recht nachrangiges Geh- und Fahrtrecht ein. Der Bewilligung zufolge darf der auf dem dienenden Grundstück gelegene Weg in einer Mindestbreite von 250 cm zum Gehen und zum Fahren mit Fahrzeugen aller Art mitbenutzt, zum vorstehenden Zweck belassen, ausgebaut, unterhalten und gegebenenfalls erneuert werden. Der Ausübungsbereich ist mit einem beigefügten Lageplan kenntlich gemacht. Parken ist dort untersagt.

Der Eigentümer des herrschenden Grundstücks X beantragte, im Wege des Widerspruchs die Eintragung des Geh- und Fahrtrechts für den jeweiligen Eigentümer des Flurstücks Y zu löschen. Das ihm eingeräumte und im selben Bereich verlaufende Geh- und Fahrtrecht werde durch die Berechtigung des anderen Grundstückseigentümers belastet. Er habe die Eintragung ausdrücklich nicht bewilligt. Das Grundbuchamt hat den Antrag als Beschwerde erachtet und dieser nicht abgeholfen: Der Bewilligung des Inhabers des Geh- und Fahrtrechts habe es nicht bedurft; dessen Recht sei durch die Neubestellung eines weiteren Geh- und Fahrtrechts nicht beeinträchtigt gewesen.

Keine Zustimmung des Erstberechtigten erforderlich

Das OLG München sieht das ähnlich: Zur Bestellung eines Geh- und Fahrtrechts an einem bereits mit einem derartigen Recht belasteten Grundstück ist auch bei identischer Ausübungsfläche die Zustimmung (Bewilligung) dieses Rechtsinhabers nicht erforderlich. Vielmehr ergibt sich das Berechtigungsverhältnis bereits aus dem Rangverhältnis.

Begründung: Für die jeweiligen Eigentümer mehrerer anderer Grundstücke können auch einzelne Dienstbarkeiten selbstständig bestellt werden, und zwar sowohl ranggleich als auch rangverschieden. Bestehen, wie dies hier im Verhältnis des früher eingetragenen zum später eingetragenen Wegerecht der Fall ist, unterschiedliche Rangverhältnisse, so geht die Dienstbarkeit mit dem besseren Rang vor. Mit anderen Worten: Bei Kollision mehrerer beschränkter dinglicher Rechte ergibt sich das Berechtigungsverhältnis aus dem Rangverhältnis.

Kein Ausschluss des Mitberech­tigten

Hat der besserrangige Rechtsinhaber das Wegerecht zur alleinigen Benutzung, dürfte er auch den nachrangigen Rechtsinhaber von der Benutzung der – gemeinsamen – Wegfläche ausschließen können. Hat dies – wie hier – der Beteiligte nicht, ist zwar strittig, ob er als rangbesserer Berechtigter den rangschlechteren Wegerechtsinhaber von der Benutzung ausschließen kann. Diese Frage ist aber für die Notwendigkeit, bewilligen zu müssen, nicht erheblich.

Fazit

Das dem Beteiligten zustehende Recht als solches wird nicht geändert und auch nicht eingeschränkt; es bleibt so bestehen, wie es seit 1930 eingetragen ist. Der Beteiligte kann das dienende Grundstück weiter so wie bisher begehen und befahren. Er muss nur mit dem weiteren Berechtigten "leben".

(OLG München, Beschluss v. 17.6.2014, 34 Wx 206/14)

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