Dipl.-Finw. (FH) Walter Niermann
Leitsatz
Geldwerte Vorteile aus einem Aktienoptionsprogramm bilden im Regelfall als Anreizlohn eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit, wenn die Laufzeit zwischen Einräumung und Ausübung der Optionsrechte mehr als 12 Monate beträgt und der Arbeitnehmer in dieser Zeit auch bei seinem Arbeitgeber beschäftigt ist (Anschluss an BFH, Urteil v. 19.12.2006, VI R 136/01, BStBl 2007 II S. 456). Als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit unterliegen die geldwerten Vorteile aus einem Aktienoptionsprogramm der ab 1999 geltenden Tarifermäßigung (§ 34 Abs. 1 EStG).
Sachverhalt
Im Urteilsfall erhielt ein Arbeitnehmer zusätzlich zu seinem regulären Gehalt auf der Grundlage von Aktienoptionsplänen aus den Jahren 1996 und 1998 Optionsrechte zum Kauf von Aktien der Muttergesellschaft zu einem vorab festgelegten Kurs. Die Optionsrechte konnten nur innerhalb von 10 Jahren ab der Bewilligung ausgeübt werden. Der Arbeitnehmer übte diese aus, indem er im Rahmen des Aktienoptionsplans 1996 am 23.2.1999, am 31.8.2000 und am 31.5.2003 Aktien erwarb. Im Rahmen des Aktienoptionsplans 1998 erwarb er am 31.8.2000 und am 31.5.2003 Aktien. Das Finanzamt erfasste den geldwerten Vorteil aus der Ausübung der Option als Arbeitslohn, lehnte jedoch die tarifbegünstigte Besteuerung als außerordentliche Einkünfte ab. Der BFH sprach dem Arbeitnehmer die Tarifermäßigung zu.
Hinweis
Laut BFH bilden geldwerte Vorteile aus der Ausübung von Aktienoptionen im Regelfall Anreizlohn für die Laufzeit der Option bis zu ihrer Erfüllung. Damit liegt grundsätzlich eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit vor. Diese kann nach der Fünftelregelung tarifermäßigt besteuert werden. Die Mehrjährigkeit des geldwerten Vorteils erfordert allerdings, dass zwischen Einräumung und Erfüllung der Aktienoption eine Beschäftigungszeit von mehr als 12 Monaten liegt.
Die Tarifermäßigung kann unabhängig davon in Anspruch genommen werden, ob dem Arbeitnehmer wiederholt Aktienoptionen eingeräumt werden. Unschädlich ist auch, wenn die jeweils gewährte Option nicht in vollem Umfang einheitlich, sondern in mehreren "Raten" ausgeübt wird.
Diese Entscheidung ist zur Rechtslage ab 1999 ergangen. Hier war bisher nicht abschließend geklärt, ob die Tarifermäßigung in Betracht kommt, wenn der Arbeitnehmer wiederholt Aktienoptionsrechte eingeräumt erhält, die er in verschiedenen Kalenderjahren ausübt. Der BFH geht davon aus, dass die Einstufung der geldwerten Vorteile als außerordentliche Einkünfte auch nach neuem Recht eine Zusammenballung der zufließenden Vergütungen voraussetzt, die im Fall von Aktienoptionen nicht vollständig in einem einzigen Veranlagungszeitraum ausgeübt werden müssen. Damit ist für die Anwendung der Tarifermäßigung auch für Lohnzuflüsse ab 1999 allein entscheidend, dass die Laufzeit der einzelnen Aktienoptionen mehr als 12 Monate beträgt (bei gleichzeitiger Beschäftigung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v.18.12.2007, VI R 62/05.