Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Eine Gemeinde, die sich als Gegenleistung für die Übereignung eines mit Werbeaufdrucken versehenen Fahrzeugs (Werbemobil) verpflichtet, dieses für die Dauer von 5 Jahren in der Öffentlichkeit zu bewegen, ist Unternehmerin. Dies gilt auch, wenn die in Abschn. 23 Abs. 4 UStR 2005 genannte Umsatzgrenze von 30678 EUR nicht erreicht wird.
Sachverhalt
Die Vermarkterin von Werbemobilen bietet u.a. Kommunen, Sportvereinen und sozialen Einrichtungen die Überlassung eines mit Werbeaufschriften zu versehenden Fahrzeugs auf der Basis eines vorbereiteten Vertragstextes an. Sind genügend Werbekunden gefunden, beschafft die Steuerpflichtige ein Fahrzeug, beklebt es mit Werbeaufschriften auf eigene Kosten und vereinnahmt von den Werbeinteressenten das Entgelt für die Werbefläche. Nach der Beschriftung wird das Fahrzeug dem Vertragspartner (hier der Gemeinde) übereignet. Der Vertragspartner verpflichtet sich, das Werbemobil zur Erreichung der Werbewirksamkeit in der Öffentlichkeit 5 Jahre zu bewegen. Das Finanzamt versagte der Vermarkterin den Vorsteuerabzug aus der von der Gemeinde erteilten Rechnung mit Umsatzsteuerausweis, da die Gemeinde das Werbemobil "hoheitlich und damit nichtunternehmerisch nutzte".
Nach Auffassung des BFH erbrachte die Gemeinde mit der Verwendung des Werbemobils jedoch als Unternehmer eine der Umsatzsteuer unterliegende Werbeleistung. Die Steuerpflichtige erbrachte dafür im Tausch die von ihr der Umsatzsteuer zu unterwerfende Fahrzeuglieferung. Die Gemeinde übt die Werbetätigkeit auf privatrechtlicher Grundlage wie ein privater Wirtschaftsteilnehmer aus. Unerheblich ist hierbei, dass das Fahrzeug evtl. auch für hoheitliche Zwecke eingesetzt wird.
Bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des UStG ist für die Beurteilung der Unternehmereigenschaft, wie bei anderen Unternehmern auch, nicht erforderlich, dass sich die wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinde innerhalb ihrer Gesamttätigkeit heraushebt und die in Abschn. 23 Abs. 4 UStR 2005 genannte Umsatzgrenze von 30678 EUR überschreitet. Der BFH hat damit bestätigt, dass die körperschaftsteuerliche Behandlung dieser Vorgänge umsatzsteuerlich nicht relevant ist.
Hinweis
Bei dem o.g. Komplex ist derzeit höchstrichterlich nicht geklärt, ob die Gemeinde aus der Rechnung des Vermarkters über die Fahrzeuglieferung den vollen Vorsteuerabzug erhält und bei ihr ggf. Umsatzsteuer auf eine Wertabgabe für die auch hoheitliche Nutzung des Werbemobils anfällt (vgl. hierzu Leidel, DStR 2008, S. 1077).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 17.3.2010, XI R 17/08.