Dipl.-Finw. (FH) Walter Niermann
Leitsatz
Aufwendungen für die Teilnahme an einem Fortbildungskurs, der mit bestimmten Stundenzahlen auf die Voraussetzungen zur Erlangung der Zusatzbezeichnung "Sportmedizin" angerechnet werden kann, sind teilweise als Werbungskosten zu berücksichtigen, auch wenn der Lehrgang in nicht unerheblichem Umfang Gelegenheit zur Ausübung verbreiteter Sportarten zulässt (Änderung der Rechtsprechung).
Sachverhalt
Im Urteilsfall ging es um den Abzug von Aufwendungen für die Teilnahme eines angestellten Unfallarztes an einem sportmedizinischen Wochenkurs am Gardasee als Werbungskosten. Die Fortbildung, die von der Ärztekammer für den Erwerb der Zusatzbezeichnung "Sportmedizin" anerkannt wurde, war an verschiedene Voraussetzungen geknüpft. Hierzu zählte auch eine Teilnahme an den von der Ärztekammer anerkannten sportmedizinischen Kursen von insgesamt 120 Stunden Dauer. Das Programm des Kurses sah in den frühen Morgenstunden und am späten Nachmittag Vorträge vor, während die Zeit von 9:15–15:45 der Theorie und Praxis verschiedener Sportarten wie Surfen, Biken, Segeln, Tennis und Bergsteigen vorbehalten war.
Während das Finanzamt die Aufwendungen insgesamt nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen hatte, gab das FG der Klage teilweise statt. Begründung: Die Aufwendungen seien zur Hälfte beruflich veranlasst. Der BFH bestätigte diese Entscheidung. Nach der neueren Rechtsprechung des Großen Senats stehe einer Aufteilung gemischt veranlasster Aufwendungen auch für Fortbildungsveranstaltungen nichts mehr entgegen. Der BFH folgte dem FG, das die Aufteilung anhand der Zeitanteile vorgenommen hatte, die auf die beruflich veranlassten Vorträge einerseits und die privat veranlassten sportpraktischen Veranstaltungen andererseits entfielen.
Hinweis
Die ältere Rechtsprechung untersagte die Aufteilung und damit den Abzug von Aufwendungen. Mit Beschluss v. 21.9.2009 GrS 1/06 hat der Große Senat des BFH diese Rechtsprechung jedoch aufgegeben. Somit steht einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen und privaten Anteile trennbaren Reisekosten nichts (mehr) entgegen. Aufwendungen für Reisen, die abgrenzbare berufliche und private Anteile enthalten, sind daher aufzuteilen, sofern die berufliche oder private Veranlassung nicht von untergeordneter Bedeutung ist.
Als Aufteilungsmaßstab kommt das Verhältnis der beruflichen und privaten Zeitanteile der Reise in Betracht. Das unterschiedliche Gewicht der verschiedenen Veranlassungsbeiträge kann es jedoch im Einzelfall erfordern, einen anderen Aufteilungsmaßstab heranzuziehen oder von einer Aufteilung ganz abzusehen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 21.04.2010, VI R 66/04.