Thomas Schlüter, Mirjam Luserke
Rz. 55
Die Genossenschaft unterliegt der Pflichtprüfung durch den Prüfungsverband nach dem Genossenschaftsgesetz (§§ 53 ff. GenG). Die Pflichtprüfung schützt sowohl die Mitglieder der eG, die Einzahlungen auf ihre Geschäftsanteile geleistet haben, als auch die Gläubiger der eG, die Forderungen gegenüber der Genossenschaft haben, vor wirtschaftlichen Nachteilen. Damit verfolgt die Pflichtprüfung auch den Zweck, die Mitglieder z. B. durch eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung zu fördern.
Rz. 56
Das Genossenschaftsgesetz schreibt als Prüfungszweck die Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung vor. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die Einrichtungen, die Vermögenslage sowie die Geschäftsführung der eG mindestens in jedem zweiten Geschäftsjahr zu prüfen (§ 53 Abs. 1 Satz 1 GenG).
Rz. 56a
Im Rahmen der Genossenschaftsrechtsreform 2017 wurde die Führung der Mitgliederliste als ausdrücklicher Prüfungsgegenstand gestrichen. Die Führung der Mitgliederliste ist aber weiterhin Gegenstand der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung. In der Praxis bedeutet dies, dass der Verband dann, wenn es hinsichtlich der Mitgliederliste keine Beanstandungen gab, nicht bei jeder Prüfung im Einzelnen zu prüfen hat, ob die Mitgliederliste vollständig geführt wird, ob sie alle Angaben enthält und ob die Aufbewahrungsfristen eingehalten werden.
Rz. 56b
Bei Genossenschaften, deren Bilanzsumme 2 Millionen EUR übersteigt, muss die Prüfung in jedem Geschäftsjahr erfolgen (§ 53 Abs. 1 Satz 2 GenG). Im Rahmen der genossenschaftlichen Pflichtprüfung ist auch der Jahresabschluss unter Einbeziehung der Buchführung und des Lageberichts zu prüfen, wenn die Bilanzsumme 1,5 Millionen EUR und die Umsatzerlöse 3 Millionen EUR übersteigen (§ 53 Abs. 2 Satz 1 GenG). Die neuen Größenklassen nach § 53 Abs. 2 Satz 1 GenG sind erstmals auf die Prüfung der Jahresabschlüsse für ein frühestens am 31. Dezember 2017 endendes Geschäftsjahr anzuwenden (§ 164 GenG).
Rz. 56c
Mit der Reform des Genossenschaftsrechts ist die sog. vereinfachte Prüfung eingeführt worden. Danach beschränkt sich bei Kleinstgenossenschaften (§ 336 Abs. 2 Satz 3 HGB), deren Satzung keine Nachschusspflicht der Mitglieder vorsieht und die im maßgeblichen Prüfungszeitraum von ihren Mitgliedern keine Darlehen nach § 21b Abs. 1 GenG entgegengenommen haben, jede 2. Prüfung nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GenG auf eine vereinfachte Prüfung. Eine vereinfachte Prüfung umfasst die Durchsicht der in Abs. 2 Satz 1 genannten Unterlagen und die Feststellung, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, an einer geordneten Vermögenslage oder der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung zu zweifeln. § 57 Abs. 2 und 4 GenG findet keine Anwendung (§ 53a Abs. 1 GenG).
Zu den Kleinstgenossenschaften gehören Genossenschaften, die mindestens 2 der 3 nachstehenden Merkmale nicht überschreiten (§ 336 Abs. 2 Satz 3 HGB, § 267a Abs. 1 HGB):
- 350.000 EUR Bilanzsumme;
- 700.000 EUR Umsatzerlöse in den 12 Monaten vor dem Abschlussstichtag;
- im Jahresdurchschnitt 10 Arbeitnehmer.
Rz. 57
Die genossenschaftliche Pflichtprüfung ist eine Betreuungsprüfung. Sie ist die umfassendste und intensivste Prüfungsart, deren Prüfungsgegenstände über die Prüfung des Jahresabschlusses (§ 317 HGB) hinausgehen.
Rz. 58
Im Gegensatz zu einer Auftragsprüfung, d. h. z. B. der Jahresabschlussprüfung einer Wohnungsbaugesellschaft (wie AG oder GmbH), ist für die genossenschaftliche Pflichtprüfung keine Erteilung eines Prüfungsauftrags erforderlich und auch nicht möglich.
Rz. 59
Nach der Reform des Genossenschaftsrechts ist der Vorstand nicht mehr verpflichtet, die Bescheinigung des Verbands, dass die Prüfung stattgefunden hat (Prüfungsbescheinigung), zum Genossenschaftsregister einzureichen. Vielmehr hat nun der Verband, wenn bei einer der ihm angehörenden Genossenschaften im letzten sich aus § 53 Abs. 1 GenG ergebenden Prüfungszeitraum keine Pflichtprüfung durchgeführt worden ist, dies in einer Anlage zum Verzeichnis unter Angabe der Gründe für die ausstehende Prüfung anzugeben (§ 63d Satz 2 GenG). Die bisherige Positivmeldung des Vorstands durch die Vorlage der Prüfungsbescheinigung, dass die Prüfung stattgefunden hat, ist somit durch eine Negativmeldung des Verbands, dass die Prüfung nicht stattgefunden hat, ersetzt worden. Das Registergericht kann dagegen nicht verlangen, dass der Prüfungsbericht vorgelegt wird (und damit auch nicht das Ergebnis der Prüfung in Form des "zusammengefassten Prüfungsergebnisses").