Leitsatz

  1. Ist eine Organgesellschaft nahezu ausschließlich für die Organträger-Personengesellschaft tätig, so stellen die Anteile, die Mitunternehmer der Organträgerin an der Organgesellschaft halten, notwendiges Sonderbetriebsvermögen II bei der Organträgerin dar. Dies gilt unabhängig von der Größe der Beteiligung.
  2. Entfaltet die Organgesellschaft dagegen in nicht unerheblichem Umfang eine eigenständige Geschäftstätigkeit, so sind die von Mitunternehmern der Organträgerin gehaltenen Anteile an der Organgesellschaft nur dann notwendiges Sonderbetriebsvermögen II, wenn die für die Annahme einer Organschaft erforderlichen Eingliederungsvoraussetzungen nur unter Berücksichtigung der Anteile erfüllt werden oder wenn die Anteile die Stellung des Anteilseigners in der Organträgerin stärken.
  3. Hält ein Mitunternehmer der Organträgerin nichtmehrheitsvermittelnde Anteile von weniger als 1 % des Kapitals der Organgesellschaft, können diese die mitunternehmerische Beteiligung an der Organträgerin nicht stärken.
 

Sachverhalt

Die Gesellschafter einer KG hielten in ihren Wertpapierdepots u.a. Stammaktien einer AG. Gegenstand der AG waren die Herstellung und der Vertrieb von Waren sowie die Verwaltung des Grundbesitzes der KG. Zwischen der KG und der AG bestand ein gewerbe- und umsatzsteuerliches Organschaftsverhältnis. Die Beteiligungsquote an der AG betrug bei einem Gesellschafter höchstens 0,70 %, bei allen anderen Gesellschaftern insgesamt höchstens 1,91 % und bei der KG 50,3125 %. Die Gesellschafter behandelten die Aktien als Privatvermögen. Das Finanzamt rechnete die Aktien zum Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter bei der KG und bezog deshalb die Gewinne aus der Veräußerung dieser Aktien in die Gewinnfeststellungen der KG ein. Ferner ging es von der Übernahme aller noch vorhandenen Aktienbestände in das Privatvermögen der Gesellschafter bei Veräußerung aller Anteile an der AG am 30.11.1989 aus und ordnete die dabei aufgedeckten stillen Reserven dem begünstigten Gewinn aus der Veräußerung der Mitunternehmeranteile zu. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg.

 

Entscheidung

Nach Ansicht des BFH hat das FG keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen zu den Voraussetzungen für die Annahme von Sonderbetriebsvermögen getroffen. Zum Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers gehören alle Wirtschaftsgüter, die dazu geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen I) oder der Beteiligung des Mitunternehmers (Sonderbetriebsvermögen II) zu dienen[1]. Sonderbetriebsvermögen II ist anzunehmen, wenn die dem Mitunternehmer gehörenden Wirtschaftsgüter zur Begründung oder Stärkung seiner Beteiligung eingesetzt werden[2]. Ein solches Wirtschaftsgut kann auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sein[3]. Eine solche Stärkung der Beteiligung ist laut BFH für die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen einer Organgesellschaft und der Organträger-Personengesellschaft zu bejahen, wenn die Organgesellschaft nahezu ausschließlich für die Organträgerin tätig ist. Die Organgesellschaft dient dann in besonderer Weise dem Betrieb der Organträgerin. Die Anteile, die Mitunternehmer der Organträger-Personengesellschaft an der Organgesellschaft halten, stellen danach notwendiges Sonderbetriebsvermögen II bei der Organträgerin dar. Ist die Organgesellschaft aber nicht nahezu ausschließlich für die Organträgerin tätig, können die von einem Mitunternehmer der Organträgerin gehaltenen Anteile an der Organgesellschaft nur dann notwendiges Sonderbetriebsvermögen II sein, wenn sie – anders als im Streitfall – die Stimmrechtsmehrheit bei der Organgesellschaft und damit deren finanzielle Eingliederung vermitteln[4] oder wenn die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zugleich die Stellung des Mitunternehmers in der Personengesellschaft stärkt, was für eine geringfügige Beteiligung wie im Streitfall verneint wird. Danach kann Sonderbetriebsvermögen im Streitfall nur angenommen werden, wenn eine ausschließliche Tätigkeit der AG für die KG vom FG festgestellt werden kann.

 

Praxishinweis

Die Entscheidung beruht auf der ständigen BFH-Rechtsprechung, nach der Anteile der Mitunternehmer einer Personengesellschaft an einer mit ihr verflochtenen Betriebskapitalgesellschaft notwendiges Sonderbetriebsvermögen II an der Besitz-Personengesellschaft sind[5].

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.08.2003, IV R 46/02

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