Leitsatz

Eine Geschäftsbeziehung zum Ausland i.S. des § 1 Abs. 1 und 4 AStG (i.d.F. des StandOG vom 13.9.1993, BGBl I 1993, S. 1569, BStBl I 1993, S. 774) erfordert eine personale Beziehung zwischen dem inländischen Steuerpflichtigen und einer ausländischen nahe stehenden Person. Daran fehlt es bei Gewährung eines Darlehens durch den Steuerpflichtigen an eine inländische nahe stehende Person dann, wenn die nahe stehende Person mit dem hingegebenen Kapital eine ausländische Betriebsstätte finanziert.

 

Sachverhalt

Die in Deutschland wohnhaften Kläger waren zu je 50 % an einer deutschen GmbH sowie an zwei Schweizer Kollektivgesellschaften beteiligt. Sie brachten die Geschäftsbetriebe der Kollektivgesellschaften in die GmbH ein, die diese als Betriebsstätten fortführte. Die Kläger erhielten dafür neue Geschäftsanteile an der GmbH; in Höhe des darüber hinaus gehenden Werts der Kollektivgesellschaften gewährten sie der GmbH unverzinsliche Darlehen. Das Finanzamt sah in der Kreditgewährung einen nach § 1 AStG korrekturbedürftigen Vorgang und erhöhte die Einkünfte der Kläger um fremdübliche Darlehenszinsen.

 

Entscheidung

§ 1 AStG erlaubt eine Einkünftekorrektur nur im Rahmen einer "Geschäftsbeziehung zum Ausland". Eine solche liegt hier nicht vor. Dabei kann offen bleiben, ob die unentgeltliche Kreditgewährung als "Geschäftsbeziehung" anzusehen ist. Jedenfalls fehlt es am notwendigen Auslandsbezug. Denn sowohl die Kreditgeber als auch die Kreditnehmerin sind inländische Rechtssubjekte. Dass die GmbH das Darlehen für Zwecke ausländischer Betriebsstätten nutzt, reicht für das Vorliegen einer Geschäftsbeziehung "zum Ausland" nicht aus. Deshalb greift § 1 AStG hier nicht ein.

 

Praxishinweis

  1. Das Urteil dürfte zugleich besagen, dass der von § 1 AStG geforderte Auslandsbezug besteht, wenn ein inländischer Gesellschafter seiner ausländischen Gesellschaft ein Darlehen gewährt, das diese für Zwecke ihrer inländischen Betriebsstätte verwendet. Dann kommt es freilich insoweit zu einer Überbesteuerung, als die Einkünfte des Darlehensgebers um fiktive Zinsen erhöht werden, obwohl bei der Betriebsstätte der Kreditnehmerin kein entsprechender Zinsaufwand anfällt.
  2. Der BFH hat entschieden, dass keine "Geschäftsbeziehung" i.S. des § 1 AStG vorliegt, wenn ein Gesellschafter die (Fremd)-Finanzierung seiner ausländischen Gesellschaft durch eine ("harte") Patronatserklärung ermöglicht[1]. Daraus ergibt sich die Frage, ob eine unentgeltliche Kreditgewährung ebenfalls aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausscheidet. Dies blieb in dem jetzt ergangenen Urteil ausdrücklich offen.
 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.04.2004, I R 5, 6/02

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