Rz. 355

Es ist grundsätzlich zulässig, Altersgrenzen (Höchstalter) für die Wahl und Wiederwahl von Geschäftsführern im Gesellschaftsvertrag vorzusehen. Im Gegensatz zur Mustersatzung für Wohnungsgesellschaften enthält der Gesellschaftsvertrag für Wohnungsgesellschaften mbH eine solche Regelung jedoch nicht. Abhängig von der jeweiligen Situation der Wohnungs- und Immobiliengesellschaft und der Gesellschafterstruktur kann es sich aber alternativ anbieten, auf das Erreichen des gesetzlichen Rentenalters abzustellen und entsprechend der Mustersatzung für Wohnungsgenossenschaften vorzusehen[1], ggf. auch nur zur Klarstellung, dass die Bestellung eines (hauptamtlichen) Geschäftsführers spätestens mit Ende des Kalenderjahres endet, in dem das Mitglied der Geschäftsführung das jeweils geltende individuelle gesetzliche Renteneintrittsalter erreicht (§ 21 Abs. 4 Satz 3 Hs. 1 MS). Darüber hinaus kann eine Differenzierung zwischen haupt-, neben- und ehrenamtlichen Geschäftsführern zum Beispiel in der Form erfolgen, dass die Bestellung eines nebenamtlichen oder ehrenamtlichen Geschäftsführers "spätestens mit Vollendung des ….. Lebensjahres endet"[2] (§ 21 Abs. 4 Satz 3 Hs. 2 MS).

 

Rz. 356

Im Zusammenhang mit der Bestellung von Geschäftsführern ist trotz zulässiger Altersgrenzen in den GmbH-Gesellschaftsverträgen das Verbot der Altersdiskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu beachten. § 6 Abs. 3 AGG schreibt vor, dass der persönliche Anwendungsbereich dieses Gesetzes, soweit es unter anderem die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit betrifft, auch für Organmitglieder gilt, insbesondere Geschäftsführer oder Vorstände. Nach einem Urteil des BGH[3] finden die Vorschriften des AGG über den Schutz vor Benachteiligung wegen des Alters daher zum Beispiel auch Anwendung, wenn sich ein Geschäftsführer einer GmbH, dessen Bestellung und Anstellung aufgrund einer Befristung abläuft, erneut um das Amt bewirbt.

 
Praxis-Beispiel

Nach der Entscheidung des BGH lagen im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die gesetzliche Vermutung einer Benachteiligung nach dem AGG vor: Der Vorsitzende des Gremiums, das über die Wiederbestellung des Klägers, das heißt des bisherigen Geschäftsführers der GmbH, zu entscheiden hatte (hier: der Aufsichtsrat), hatte unwidersprochen in der Öffentlichkeit die Gründe für die Entscheidung benannt. Daraus ergaben sich Indizien für eine Benachteiligung wegen des Alters. Nach Auffassung des Gerichts war zudem auch der sog. sachliche Anwendungsbereich des AGG eröffnet, das heißt hier der Zugang zur Erwerbstätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG. Dort ist geregelt, dass unter anderem Benachteiligungen wegen des Alters nach Maßgabe des AGG unzulässig sind in Bezug auf die Bedingungen – einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen – für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit, und zwar unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, sowie für den beruflichen Aufstieg. Unter das Merkmal des Zugangs zur Erwerbstätigkeit fallen nach der Begründung des Gerichts sowohl die organrechtliche Bestellung (hier zum Geschäftsführer der GmbH, §§ 6, 35 ff. GmbHG) als auch der schuldrechtliche Abschluss des Anstellungsvertrags für das Organmitglied. Zum Zugang zur Erwerbstätigkeit gehört nach der Urteilsbegründung auch der Fall, dass sich der bisherige Geschäftsführer nach Fristablauf erneut um eine Wiederbestellung bewirbt.

 

Rz. 357

In der Sitzung des Aufsichtsrats, die über die Nichtbestellung des bisherigen Geschäftsführers und die Neubestellung des Mitbewerbers beschlossen hatte, war allein über das Alter des bisherigen Geschäftsführers und nicht über vermeintliche Leistungsdefizite gesprochen worden.

 

Rz. 358

Die Benachteiligung des Klägers war auch nicht aufgrund anderer Vorschriften des AGG zulässig, das heißt, unter anderem nach § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG sowie der Generalklausel des § 10 Satz 1 AGG. In § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG ist geregelt, dass eine Vereinbarung zulässig ist, mit der die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung mit Erreichen des Renteneintrittsalters sichergestellt werden soll. Im vorliegenden Fall fehlte bereits eine solche Vereinbarung; außerdem hatte der Kläger zum Zeitpunkt der Entscheidung des Aufsichtsrats noch keine Möglichkeit, eine Altersrente zu beantragen.

 

Rz. 359

Der BGH hat ausdrücklich die Entscheidung offengelassen, ob es in Entsprechung zu Nr. 5.1.2 des "Deutschen Corporate Governance Kodex" in der damaligen Fassung allgemein zulässig ist, eine Altersgrenze für Organmitglieder auch unterhalb von 65 Jahren zu bestimmen, da die GmbH eine solche Altersgrenze (hier: 62 Jahre) weder eingeführt hatte, noch dies beabsichtigte.

 

Rz. 360

Die aktuelle Fassung des Deutschen Corporate Governance Kodex vom 16.12.2019[4] sieht unter B.5 vor, dass für Vorstandsmitglieder eine Altersgrenze festgelegt und in der Erklärung zur Unternehmensführung angegeben werden soll.

 

Rz. 361

Nach einer Entscheidung des OLG Hamm[5] – die d...

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